Exkurs: Fussball-Groundhopping Teil 2, Pretoria: Mamelodi Sundowns vs Orlando Pirates

Bereits auf unseren 180 Tagen durch Afrika habe ich die Zeit in Johannesburg genutzt, um einmal in "Soccer City" ein Fussballspiel anzuschauen. Auch dieses Jahr bin ich den Spielplan durchgegangen und habe mir Termine herausgestrichen. Mein Favorit hierbei war ganz klar Sundowns vs Orlando Pirates in Pretoria. Das ist immerhin der aktuelle Meister gegen die andere berühmte Mannschaft aus Soweto (neben den Kaizer Chiefs). Einziges Problem dabei war: Das Spiel fand am Anreisetag um 15:30 Uhr statt. Unser Flugzeug landete um 10 Uhr und eigentlich wollten wir ja den Neighbourgoods Market in der City noch besuchen... Es lief dann aber ein wenig anders als geplant - nachzulesen ist das alles im Detail hier im Reisebericht "We Love JOBURG 1". Kurz zusammengefasst: Der Markt fand an diesem Samstag noch nicht statt und Anika ging mit Sibylle, unserer wundervollen Gastgeberin, zu einem Wellnesstermin inkl. Massage. Für mich hiess das also ab ans Spiel!

Knapp eine Stunde später suchte ich mir dann einen Parkplatz in der Nähe des Loftus Versfeld Stadions in Pretoria. Als ich gemäss Karte einigermassen genug nah dran war und mir ein eifriger Parkplatz-Zuweiser mit Neonweste an einer grossen Kreuzung auf der Verkehrsinsel daneben einen Parkplatz anbot, nahm ich das Angebot gerne an und handelte mit R30 einen akzeptablen Preis fürs Parkieren aus. Fünfzehn Minuten später stand ich am Stadion und war erstmal erstaunt, dass deutlich mehr los war als beim letzten Spiel in Johannesburg, heute würden es einige Zuschauer mehr werden. Da es nicht üblich ist, sich direkt vor dem Stadion direkt die Tickets zu kaufen, ging ich einfach einmal zum Stadion hin, welches von einem äusseren Perimeter umgeben war, durch den man für die "Sicherheitskontrollen" gehen musste - kontrolliert wurde ich aber nicht. Anschliessend macht ich mich auf die Suche nach einem "Ticket Office", welches nach der offiziellen Karte dann leider genau auf der gegenüberliegenden Stadionseite ausserhalb des Kontrollperimeters liegen sollte. Auf dem Weg durch die Menschenmassen gab es links und rechts Fanartikel, Essen und Getränke, die Stimmung war friedlich und angenehm an diesem warmen Nachmittag in Pretoria (über 30°C). Wieder ausserhalb der Sicherheitszone auf der anderen Seite hielt ich Ausschau nach Ticketverkäufern und fand bald einen, der mir das Ticket für R30 gab - perfekt, also wieder rein.

Es war 15 Uhr, noch etwa 30 Minuten bis zum Spiel. Da es mittlerweile so viele Leute waren, die ins Stadion strömten und die Eingänge mit den wenigen Drehkreuzen völlig überlastet waren, wurden die grossen Tore geöffnet. Trotzdem war es auch jetzt noch ein ziemliches Gedränge und es ging nur langsam durch die grossen Marathontore ins Stadion rein. Dafür war jetzt so richtig die Stimmung zu spüren. Ich lief mit einer grösseren Fangruppierung der Pirates ins Stadion ein und viele umliegende Fans stimmten in die Fangesänge mit ein (eine Trennung der Fanlager gab es nicht). Allgemein blieb es an diesem Tag insgesamt völlig friedlich, was aber gerade bei dieser Paarung nicht selbstverständlich war. Ein Jahr zuvor verloren die Pirates an dieser Stelle mit 0:6 und die Fans stürmten danach das Spielfeld was mit einigen Verletzten und Krawallen endete. Trotzdem, es war grossartig in dieser Masse ins Stadion zu gelangen und man spürte die Vorfreude und Anspannung. Personen mit Angst vor Menschenmassen oder Platzangst wären allerdings in einer schwierigen Lage, denn man wurde Körper an Körper mehr oder weniger vorwärts ins Stadion geschoben.

Im Stadion drin suchte ich mir für die erste Halbzeit einen Platz mit viel Übersicht auf der Gegentribüne - die Haupttribüne (quasi der Heimfan-Sektor) war brechend voll. Da die Schattenplätze nicht so zahlreich waren, sass ich bald mitten in einer bunt gemischten Gruppe was die Fanlager anging - weisse Fans sah ich im Stadion maximal eine Handvoll. Bereits vor dem Spiel kam ich mit den Personen neben mir noch ein wenig ins Gespräch, über Fussball natürlich.

Kaum ging das Spiel los, fiel mit dem ersten Angriff und Eckball auch bereits das 1:0 für die Gäste. Das war der Start zu einer höchst unterhaltsamen 1. Halbzeit, in der die Mamelodi Sundowns mit viel Engagement und Druck viele sehr sehenswerte und gute Chancen herausspielten, vor dem Tor aber sehr ungeschickt an sich selber oder am toll aufspielenden Torhüter von Orlando scheiterten. Im Gegenzug machten die Pirates quasi mit dem ersten sauberen Konter gleich das 0:2 und auf den Tribünen schrie und kreischte es. Es strömten dicht gedrängt noch bis weit in die ersten Halbzeit Fans aller Lager in das Stadion herein. Es wurde scheinbar nicht mit soviel Andrang gerechnet. Laut Presse waren es am Ende über 30'000, was sicher nicht übertrieben ist. Stimmungsmässig war ordentlich was los, aber es wurde sehr wenig koordiniert oder zusammen gesungen, wie man es aus europäischen Stadien kennt. Auf jeder Tribüne hatte es diverse Fangruppierungen von einigen dutzend bis hundert, die oft alleine für sich und nur selten zusammen Stimmung machten. Trotzdem wurde es hin und wieder laut, vor allem als den Sundowns vor der Pause noch der Anschlusstreffer gelang.

Für die zweite Halbzeit nahm ich mir ein Coke und spazierte in den Schatten in eine Ecke hinter dem Tor (ich hatte keine Sonnencreme dabei und wollte mir nicht gleich am ersten Tag einen Sonnenbrand holen).

Zum Glück fand ich noch einen Platz neben einem leidenden Sundowns-Fan, der mit ansehen musste, wie sein Team vergeblich anrannte und Chance um Chance vergab, während langsam die Kräfte ausgingen und die Konter gefährlicher wurden. Einer dieser Gegenangriffe wurde 10 Minuten vor Schluss erfolgreich abgeschlossen und das Spiel entschieden. Ab da feierten die Orlando Pirates-Fans (und teilweise auch bereits die Spieler auf dem Feld) ihren 3:1-Sieg lautstark.

Insgesamt fand ich das fussballerische Niveau deutlich besser als beim ersten Spiel, vor allem in der ersten Halbzeit. Taktisch nicht immer ganz einwandfrei, wie so oft bei den afrikanischen Mannschaften, aber die Pirates konnten hier überzeugen mit einer klaren Ausrichtung auf ihren ausgezeichneten Konterfussball. Nachdem in der zweiten Hälfte beidseitig die Kräfte nachliessen, fehlte es dem Spiel ein wenig an Organisation und guten zusammenhängenden Aktionen, aber das war bei dem Tempo und den Temperaturen vorhersehbar. Nichtsdestotrotz ein tolles Spiel mit einem nicht ganz unverdienten Sieger.

Scheinbar mit am Spiel: Die Miss Mamelodi Sundowns 2017 und ihr Auto
Scheinbar mit am Spiel: Die Miss Mamelodi Sundowns 2017 und ihr Auto

Nach dem Abpfiff verliess ich relativ rasch das Stadion, denn der ganze Trubel musste ja wieder durch die Marathontore hinaus, was gewiss wieder dauern würde. Das Auto stand noch zum Glück noch wie von mir abgestellt auf seinem Parkplatz und nach einem erlebnisreichen und grossartigen Nachmittag fuhr ich happy wieder zurück nach Johannesburg.

Definitiv wiederholungswürdig, auch bei den nächsten Besuchen werde ich mir den Spielplan genau anschauen. Empfohlen wurden mir die Bloemfontein Celtics, mal schauen ob mir das Grund genug ist, mich nochmals in diese Stadt zu begeben (vorausgesetzt, es gibt den Verein dann noch dort - scheinbar soll er in amerikanischer Manier nach Kimberly verkauft werden, was die Fans zu Krawallen erzürnte).

Hoffentlich wird es auch einmal für das berühmte Soweto-Derby Kaizer Chiefs vs Orlando Pirates reichen. Auf jeden Fall sind die Fussballspiele hier in Südafrika auch für Nicht-Fussballfans ein echtes Erlebnis und sehr empfehlenswert. Ich kann jeden ermutigen, sich darauf einzulassen, es lohnt sich!

 

Viele Grüsse,

Flo

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Kommentare: 2
  • #1

    Max (Montag, 12 November 2018 19:55)

    Cool das mit dem Stadionbesuch - nehm ich mir fürs nächste Mal auch vor!
    Danke für den tollen Bericht / Video. Man hat gleich das Gefühl, dabei gewesen zu sein. Und da war eindeutig mehr Gesang als in einem vollen BVB-Stadion :)

    Übrigens bin ich auf euren tollen Blog über den Eintrag auf dem 4x4community Forum ("Elefant verwechselt euren Hilux mit einer Konservendose") aufmerksam geworden. Und jetzt arbeite ich mich langsam und genüßlich durch eure Blogeinträge :).

    LG und viele schöne Erlebnisse noch,
    Max

  • #2

    Flo (Dienstag, 13 November 2018 17:11)

    Hi Max,

    Vielen Dank für die nette Rückmeldung - ja unbedingt einbauen! Beim nächsten Besuch wird es bei mir ziemlich sicher auch wieder ein Stadionbesuch geben. Leider ist in Südafrika im Stadion nicht immer soviel los wie in diesem Fall, aber Party & Singen gehört auch dort immer dazu.
    Viel Vergnügen beim stöbern durch den Blog und hoffentlich gefällt dir auch der Rest.

    Liebe Grüsse,
    Flo