Als Fussballfan und auf FC Basel-Entzug habe ich natürlich die Spielpläne der PSL (Premier Soccer League) in Südafrika genau studiert und mir ein passendes Spiel herausgesucht. Für das Soweto-Derby (Kaizer Chiefs - Orlando Pirates) hat es leider nicht gereicht, da das im Oktober stattfand. Ein Besuch im WM-Final-Stadion von 2010 ist aber beim einem Heimspiel der "Amakhosi" (so werden die Kaiser Chiefs genannt) auch bereits ein Highlight. Leider lässt in der PSL abgesehen von einigen Spitzenspielen und eben dem Soweto-Derby der Zuschaueraufmarsch zu wünschen übrig, was im fussballverrückten Südafrika schade ist. Die Mehrheit der Fans schaut lieber am Wochenende im Fernsehen die Premier League und im ganzen Land sieht man alltäglich Replika-Shirts von ManU, Liverpool, Arsenal, City und so weiter.
Nichtsdestotrotz macht der Besuch im Stadion Spass - es ist gewaltiges Stadion und die Freiheit sich überall hinzusetzen wo man möchte nutze ich gerne aus und mache eine Tour einmal rundherum. Ich bin nicht der einzige weisse Matchbesucher, aber mehr als ein paar Dutzend sind es kaum - die weissen Südafrikaner schauen hier sonst alle Rugby oder auf jeden Fall etwas anderes als Fussball/Soccer. Ansonsten ist es eine bunte Mischung aller möglichen Personen wie bei uns auch, jung und alt, Vater und Sohn, einige Teenie-Girls, ältere Semester die nur am Meckern und Fluchen sind etc...
Das Spiel entpuppt sich als nicht gerade hochstehend aber packend und am Schluss dramatisch, mit dem besseren Ende für die Gastgeber.
Ab der ersten Minute dominieren die Kaizer Chiefs das Spiel, sind aber im Angriff überhastet und unpräzis. Die Gäste kontern einige Male gefährlich, kommen zu einem "gut herausgeholten" Penalty den sie verschiessen (siehe Video unten) um wenige Minuten später dann doch noch den schmeichelhaften Führungstreffer zu erzielen.
Mit dem 0:1-Rückstand zur Pause geht es danach noch druckvoller weiter auf das Tor von Polokwane, die jetzt auch bei Kontern sich kaum mehr befreien können. In der 62. Minute fällt der Ausgleich per Kopfball, zehn Minuten später gehen die Chiefs nach einer schönen Kombination sogar in Führung. Danach wird es hektisch, da Polokwane nun vom 1-Mann-Sturm zum 3-Mann-Sturm wechselt und gleichzeitig Kaizer Chiefs genau gleich (offensiv) weiterspielt wie bis anhin, so dass beide Mannschaften im Angriff zu Überzahlsituationen kommen. Das 2:2 fällt fast auf Ansage, wenn auch natürlich völlig entgegen den Spielanteilen. Und da das Heimteam scheinbar ungern sich neuen Situationen anpasst, reiben sie sich jetzt total in der gegnerischen Defensive auf, so dass es in der Schlussphase zu keiner einzigen heiklen Szene mehr kommt...bis zur 94. Minute, in der ein wunderschöner Sonntagsschuss aus rund 20 Metern genau ins Lattenkreuz doch noch den Siegtreffer für die Amakhosi bringt.
Fussballerisch war das ein Spiel mit Höhen und Tiefen - technisch sind die meisten Spieler auf einem ausgezeichneten Niveau, das körperlich betonte Spiel wurde vom Schiedsrichter oft laufen gelassen und es gab diverse Torchancen.
Wirklich gefährlich wurde es allerdings fast nur nach Einzelaktionen, das Kombinationsspiel war oft unüberlegt, gut gemeint aber kompliziert oder einfach nicht vorhanden. Wer sich bei uns über schlechte Hereingaben von den Seiten beschwert fand sich hier fast wie in einem Amateurspiel wieder, wo man nicht so recht weiss ob das nun ein Torschuss, Pass oder Flanke war, der auf der anderen Spielfeldseite ins Seitenaus geflogen ist...
Ebenfalls erwähnenswert sind die simulierten Schwerstverletzungen nach (zugegeben teilweise ruppigen) Fouls. Das war teilweise so peinlich-schlecht, dass sich die Fans über die eigenen Spieler lustig gemacht haben.
Sonst gab es leider nicht soviel von Fanseiten zu erzählen. Die Auswärtsfans waren bis Mitte zweiter Halbzeit froher Stimmung und sangen ausdauernd mit, nach der Wende verstummte jedoch dieser Support. Und bei den Amakhosi war immer wieder viel Lärm, aber nichts wirklich koordiniert oder länger anhaltend. Insgesamt war auch deutlicher Frust/Unmut zu spüren, der auf die Stimmung drückte, da man zuvor 8 Spiele sieglos war.
Als Snack gönnte ich mir ein Chicken Leg (R25) mit Cola (R20), das Ticket habe ich vor dem Stadion für R40 gekauft und fürs Parking direkt daneben musste ich R30 bezahlen (total R115, ca. 8€). Die An- und Abreise war extrem unkompliziert und schnell, keine 20 Minuten mit dem Auto von unserer Airbnb-Wohnung in Parkview entfernt.
Schade ist zur Zeit Sommerpause und Afrika-Cup (ohne Südafrika...), sonst hätte ich mir gerne noch ein-zwei weitere Spiele angeschaut.
Gruess,
Flo
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