Pula! Zu viel Regen - Familienreise Botswana Teil 1

Savuti Plains im Chobe Nationalpark
Savuti Plains im Chobe Nationalpark

Von unseren Reiseberichten aus dem Januar springen wir nun wieder nach vorne und berichten über unsere Familienreise in Botswana. Die Teile dazwischen (Reise mit Flos Eltern und der Familienreiseteil in Zimbabwe) sind unter den eingefügten Links zu finden. Und nun: Ab nach Botswana!

In Botswana angekommen sind wir erst einmal froh, nicht mehr alle fünf Kilometer auf eine Polizeikontrolle zu treffen, was die Lage allgemein entspannt. Unsere Unterkunft, die Chobe Bush Lodge, ist ein Ableger der Chobe Safari Lodge, die bereits seit 1959 existiert und damit eine der ersten Safari-Unterkünfte überhaupt in Botswana ist. Wir bleiben für zwei Nächte hier, lassen Wäsche waschen und ich kümmere mich darum, die Autos wieder «fit» zu bekommen. 

Ursprünglich war geplant, durch Pandamatenga nach Botswana einzureisen von hier aus eine Tagestour an die Vic Falls zu machen. Da allerdings unser Heinz einen groben Riss in der Windschutzscheibe hat, der täglich mehrere Zentimeter wächst und Chris’ Dämpfer-Arm nur buschmechanisch repariert ist, mussten wir umplanen, um genug Zeit für die Reparaturen einzurechnen. Bushlore hat hier in Kasane eine Zweigstelle und wie in Südafrika sind sie äusserst hilfsbereit und erledigen uns die Arbeiten.

Dinner in der Chobe Bush Lodge
Dinner in der Chobe Bush Lodge

Beim Dinner abends regnet und windet es einmal mehr so stark und horizontal, dass wir sogar unter dem Dach nass werden und es in eines der Zimmer reinregnet (in den Neubau von 2014…). Eine unschöne Überraschung über Nacht erlebt auch Bernhard: In seinem Moskito-Netz über dem Bett befanden sich dutzende Mücken, so dass er morgens mit Stichen übersäte Beine hat und sein Bett einem blutigen Schlachtfeld gleicht. Das informierte Lodge-Management erleidet einen kleinen Schock beim diesem Anblick (es werden danach im Zimmer die Moskitonetze und Bettsachen gewechselt).

Auf dem Tagesplan steht neben dem Organisieren der Reparaturen auch noch Einkaufen für die nächste Woche, schliesslich haben wir sechs Tage Campen im Chobe und Moremi vor uns, wo es weder Wasser noch Lebensmittel zu kaufen gibt. Ganz besonders freuen wir uns auch auf Andrew, der uns ab heute bis zum Ende der Reise als Guide begleiten wird. Andrew haben wir vor drei Jahren als Manager/Guide in der Mopane Bush Lodge kennengelernt und haben uns auf Anhieb gut verstanden. Da er sich vor knapp zwei Jahren als Guide/Tour Leader selbstständig gemacht hat, haben wir bei dieser Reise sofort an ihn gedacht und ihn engagiert. In den vergangenen Monaten trafen wir uns mehrfach, so hat er uns zum Beispiel zum Elephant Release im Mapesu Nature Reserve (siehe Bericht) eingeladen.

Nach der Teerstrassen kommen die ersten kleinen Wasserlöcher
Nach der Teerstrassen kommen die ersten kleinen Wasserlöcher

Während die restliche Familie sich zu einer Chobe-Bootstour aufmacht, bleiben wir in der Lodge zurück, um ein wenig für die Homepage zu arbeiten, Andrew zu empfangen und Heinz mit ausgetauschter Windschutzscheibe (Kosten: 1700 Pula, ca. 150€) wieder entgegenzunehmen. Bis die anderen wieder zurück sind plaudern wir an der Bar über vergangene und kommende Safari-Abenteuer, realisieren, dass das Familienreise-T-Shirt für Andrew schlicht zu klein ist (trotz XXL) und dinieren anschliessend alle zusammen beim sehr feinen Buffet der Chobe Safari Lodge.

Gerne wären wir am nächsten Tag sofort und frühzeitig weitergefahren, leider müssen wir mit Chris’ Reparatur bis mittags warten. Als es dann endlich losgeht, freuen wir uns über die gute Teerstrasse ohne Polizei – wobei, Moment: Bei der Einfahrt auf der Transitstrecke durch den Chobe NP ist am Gate niemand anwesend. Wir stoppen beim Schild und da sich nichts tut fahren wir weiter. Bei der Ausfahrt sitzen drei Personen am Strassenrand, wir halten kurz und winken, daraufhin wollen wir weiterfahren. Das scheint aber gar nicht okay zu sein, wir werden lautstark zurückgerufen. Eine Polizistin fragt in relativ aggressivem Ton, weshalb wir sie einfach ignorieren würden («This is an offence!») und einige Erläuterungen und Diskussionen später inklusive dem Vorzeigen sämtlicher Papiere lassen sie uns weiterfahren. Wenigstens geht es hier «nur» ums Prinzip (und Machtdemonstration) und nicht um Geld, wie zuvor in Zimbabwe.

Während die Strasse bis hierhin in perfektem Zustand war, ändert sich das hinter Kachikau sehr plötzlich: Aus 12m Teerstrasse wird ein 2m-Sandweg, von 100km/h geht es auf 30km/h. Vorher waren in allen kleinen Ortschaften sogar aufwändige Busstationen gebaut, jetzt sind wir froh, wenn links und rechts die Vegetation einigermassen zurückgeschnitten wurde. Es sind noch etwa 30km weiter bis zum Ghoha Gate, welches uns wieder in den Chobe NP und zu Savuti führt. Ohne weitere Zwischenfälle und langsam, aber stetig kommen wir voran, die Nationalparkmitarbeiter am Gate sind freundlich, plaudern mit uns während wir uns alle brav in den Registrierungs-Büchern einschreiben (ich werde meine Passnummer, SA-Telefonnummer und sämtliche Autokennzeichen wohl bis an mein Lebensende auswendig kennen). Nach dem Gate wird es nochmals eine Spur ruppiger auf der Piste und es kommen die ersten Wasserdurchfahrten auf uns zu. Alle paar hundert Meter fahren wir durch eine Pfütze die zwischen wenigen Zentimeter bis zu einem halben Meter tief sind. Zu diesem Zeitpunkt empfinden wir das als noch recht spassig, wir ahnen ja nicht was später noch auf uns zukommen wird. Nur Monika in Lilly hinter uns sieht das ein wenig anders und ist nervlich bereits recht angeschlagen nachdem sie ein ums andere Mal dabei zuschauen muss, wie unser Heckteil immer wieder über das Nummernschild ins Wasser eintaucht.

Unser Campsite in Savuti
Unser Campsite in Savuti

Noch pünktlich vor dem Eindunkeln aber nach Büro-Schluss kommen wir in Savuti auf unserem Campsite CV2 an und stellen fest, dass diese besetzt ist. Ein junges Paar mit französischem Akzent im Landrover mit Dachzelt meint «sie hätten die Reservierung ändern lassen». An Dreistigkeit wohl kaum zu überbieten. Nach Protesten unsererseits und mit wenig Lust nach einem so langen Tag mit drei Autos und einem Bodenzelt noch lange zu diskutieren, verschwinden die beiden dann doch, allerdings ohne Entschuldigung, auf einen anderen Campsite. Ich wurde im Voraus darauf hingewiesen, dass es keine Doppelbuchungen gibt und man seinen Platz nicht mit anderen teilen muss. Es ist vielmehr so, dass einige Plätze (z.B. eben unser CV2) schöner liegen als andere und deswegen schnell mal ein Platz «geändert» wird, solange er noch leer steht…

Ohne grosses Feuer wird heute ein Pasta-Abend gemacht, die Handgriffe sitzen langsam bei allen und jeder hat so seine Aufgaben. Wir gehen dann auch recht früh ins Bett, geniessen noch das Wetterleuchten in der Ferne und freuen uns, am nächsten Morgen die Umgebung zu erkunden. Plötzlich und keine Stunde Schlaf später bricht dann aber über uns der Himmel zusammen – an Schlaf ist nicht zu denken, das Auto rüttelt im Wind und der Regen donnert runter. Wir hören draussen Fluchen und Autotüren zuschlagen und hoffen, dass alle die Nacht heil überstehen. Am Morgen lässt der Regen nach. Zeitweise muss das Wasser den Zeltplatz komplett geflutet haben, in die Dachzelte von Rahel, Peter, Lukas und Simone hat es reingeregnet, worauf sie ins Auto geflüchtet sind. Andrew wurde in seinem Bodenzelt vom Regen geweckt, weil er vergessen hatte die Reissverschlüsse zu schliessen. Zum Glück ist sein Zelt dicht, denn in der Nacht wurde es komplett unterspült. Berni und Monika bemerken, dass die Klappe beim Kühlschrank die ganze Nacht offen war und entsprechend drinnen alles recht nass wurde.

Von Elefanten beschädigter Baobab
Von Elefanten beschädigter Baobab

Zu viert gehen wir dann trotzdem auf Game Drive mit Heinz, wir wollen zuerst auf einen Hügel, müssen aber wegen zuviel Wasser umdrehen und fahren Richtung Rhino Vlei. Zu sehen gibt es nicht viel, es regnet, das Gras ist hoch und die Tiere machen sich rar. Danach wird gefrühstückt obwohl die halbe Gruppe gesundheitlich angeschlagen ist und mit Durchfall und Bauchschmerzen kämpft. Ich erledige die Formalitäten im Büro und frage nach unseren restlichen Destinationen (North Gate, Third Bridge, South Gate) im Moremi nach. Die vielen Regenfälle machen mir ein wenig Sorgen und wenn sogar hier in Savuti viele Tracks wegen zuviel Wasser unpassierbar sind, wie muss das dann erst im Delta sein?

Mir wird von einer sehr freundlichen und bemühten Camp Reservation Managerin versucht zu helfen und als erstes bucht sie unsere Nacht Khwai North Gate um, so dass wir drei Tage in Savuti bleiben können. Die Kontaktaufnahme mit Tara von Botswana Footprints ist ein wenig schwieriger und dauert lange, aber schliesslich schaffen wir auch das per Buschfunk. Wir sollen statt nach 3rd Bridge nach Xakanaka (sprich: Kakanaka) fahren – prima! Nachmittags geht es bei besserem Wetter mit Heinz & Lilly auf einen weiteren Drive zur Marabu Pan, ich finde sogar auf Anhieb den «Stretch Point» zum Aussteigen. Unterwegs sehen wir viele tolle Vögel, Elefanten, Giraffen, Antilopen und geniessen die Fahrt, auch wenn sie durch sehr viele Wasserpfützen führt. Ein bisschen verspätet sind wir zum Abendessen zurück und da heute grilliert wird, gibt es erst nach Einbruch der Dunkelheit Essen. Wir werden zum Glück aber noch vor dem nächsten Regen fertig und da dieser zwar beständig aber nicht mehr so stürmisch ist, haben wir eine mehr oder weniger ruhige Nacht. Dieses Mal schlafen alle aus. Anika schneidet mir noch die Haare, es ist anscheinend wieder nötig. Ausserdem erkunden wir den Savuti Camp Site, treffen einen Land Rover an der stundenlang im Wasser steckenblieb und erst nachts geborgen werden konnte – das bräuchten wir jetzt auch nicht.

Für den Nachmittagsdrive sind nur wenige zu begeistern respektive fit und so sind wir nur zu viert mit Berni, Simone und Andrew. Wir entscheiden uns dieses Mal mehr landschaftliche Schwerpunkte zu setzen und möchten neben der Baobab Gallery auch auf den Quarry Hill. Laut Shell-Detailkarte gibt es da einen kleinen Weg herauf. Nachdem die westliche Zufahrt zum Hügel wegen zu viel Wasser unpassierbar ist, versuchen wir es weiter südlich und haben damit Erfolg. Die Baobab Gallery ist eine beeindruckende Ansammlung von Baobabs auf einer leichten Anhöhe, umgeben von Felsen und Steinen. Letzteres ist auch der Grund weshalb die Baobabs noch stehen: Die Elefanten kommen nicht an die Bäume heran. Überall dort, wo sie auch nur einigermassen Zugang zu den Bäumen haben wird die Rinde soweit abgeschält, dass die Bäume irgendwann zusammenstürzen oder umkippen. Vielleicht standen hier vor über hundert Jahren viel mehr Baobabs, aber bei der aktuellen Elefantendichte werden kaum neue nachwachsen können. Weiter geht es dann zum Quarry Hill und wir sehen tatsächlich einen Track der als befahrbar bezeichnet werden kann. Wir fordern Chris’ Können heraus und mit einer haarsträubenden 4x4-Fahrt über Felsen steil den Berg hoch schaffen wir den Anstieg! Zum Glück ist Monika nicht dabei, sonst hätten wir das nicht gemacht. Heinz wäre vermutlich auch gescheitert. Keine Ahnung, wann zuletzt hier oben jemand mit einem Auto war, den zugewachsenen Spuren nach muss es aber einige Woche her sein. Die Aussicht oben ist fantastisch und entspricht überhaupt nicht dem Bild, was man von den trockenen Savuti Plains hat. Wir können kilometerweit über eine saftig-grüne Fläche blicken, aus der vereinzelt Hügel hervortreten oder stellenweise Wasseroberflächen glänzen.

Laufend wird die Bird List erweitert, hier eine Pearl-spotted Owlet
Laufend wird die Bird List erweitert, hier eine Pearl-spotted Owlet

Auf dem Rückweg entdecken wir noch die wunderschöne und relativ gut befahrbare Pfanne gleich gegenüber der Campsite auf der anderen Seite des Savuti Channels. Ein Elefant zieht einsam über die Grasflächen, Mangusten, Zebras und Gnus sind zu sehen und als Highlight entdecken wir einen Kori Bustard beim Balztanz sowie eine Pearl-Spotted Owlet. Zurück im Camp erfahren wir, dass genau dieser Elefant Minuten zuvor quer über den Campingplatz spaziert ist und die «daheimgebliebenen» somit auch ein paar Tiersichtungen hatten. Apropos Tiere im Camp: Abends auf dem Weg zum WC- und Dusch-Block treffen wir ein Rudel Wildhunde an, welches mehrmals direkt vor unseren Augen in wenigen Meter Entfernung herumspaziert, vermutlich auf der Suche nach Impalas die auch oft im Camp anzutreffen sind. Kurze Zeit später folgt noch eine Hyäne. Hyänenspuren sind übrigens auch jeden Morgen um den Grill herum zu sehen, unabhängig davon ob man ihn benützt hat oder nicht, es scheint ihre Standard-Tour zu sein. 
Unser Plan, am nächsten Morgen den Sonnenaufgang mit einem Tee/Kaffee an derselben Pan gegenüber des Campsites zu geniessen fällt ins Wasser - es regnet natürlich wieder. Nach einem Frühstück geht es weiter, unser Plan lautet «irgendwie bis nach Xakanaka durchkommen», wo die nächste Übernachtung sein soll. Auf dem Weg in den Süden gibt es nur noch die Sandridge Road von Savuti nach Mababe und die hat es in sich: Etwa alle hundert Meter gibt es eine Pfütze zu durchqueren, von wenigen Zentimetern bis zu einem Meter ist alles dabei. Zum Glück hat ein mutiges Paar in einem Ford Ranger-Camper die Strecke bereits einige Stunden vor uns absolviert und so können wir verhältnismässig gelassen den Spuren folgen. Was die können, können wir sicher auch. Mehr als 10-15km pro Stunde schaffen wir nicht, dafür ist es einfach zu viel Wasser und Matsch. Gegenüber dem Drive vor zwei Tagen, als wir bis zur Marabou Pan gekommen sind hat es jetzt bedeutend mehr und tiefere Wasserdurchquerungen. Tiere sehen wir lange fast keine, zu konzentriert sind wir am Fahren. Und dann plötzlich läuft ein Leopard mitten auf die Strasse. Die beiden vorderen Fahrzeuge erhaschen einen Blick und keine halbe Minute später ist der Leopard schon wieder im hohen Gras verschwunden. Trotzdem war das eine sehr motivierende Sichtung – bisher war die Ausbeute eher mau (abgesehen von Andrews und meiner Birding-Liste, die schon jetzt bei weit über 100 Arten lag). 

Tausende von Zebras in der Mababe Depression
Tausende von Zebras in der Mababe Depression

Mühsam kämpften wir uns auf dieser nicht zu enden wollenden Strecke vorwärts, vor allem Heinz ist schon ein wenig angezählt. Durch die ganzen Wasserdurchquerungen riss es vorne links die Plastik-Abdeckung weg, die mit Kabelbindern und Tape professionell repariert wurde und auch den Rad-Innenschutz mussten wir entfernen nachdem die Hälfte aller Plastiknieten abgebrochen waren. Dabei bemerken wir dann noch, dass wir keine Scheibenwasch-Flüssigkeit mehr haben (bzw. Schaum auf den Boden tropft), eine Dichtung an der Pumpe ist ebenfalls herausgerutscht und wird wieder reingewürgt.
Ein absolutes Highlight folgt dann aber, als wir dem südlichen Rand der Mababe Depression entlangfahren: Zuerst sehen wir einige dutzend Zebras, dann hunderte und schliesslich fahren wir minutenlang durch tausende von Zebras. Wahnsinn! Etwas Vergleichbares (resp. grösseres) kenne ich sonst nur von der grossen Migration der Serengeti. Verzögert auch von dieser gewaltigen Sichtung erreichen wir nach beinahe sechs Stunden – mittlerweile ist es fast schon 15 Uhr – das Mababe Gate. Wir wissen jetzt schon, dass es mit Xakanaka nichts mehr wird, denn von Mababe Gate nach Khwai sind es knapp 50km und dann nochmals soviele bis Xakanaka. Zum Glück haben wir hier Handy-Empfang und kommen bis zu Tara und Botswana Footprints durch. Sie rät uns, entweder zu einem «nahen» Campsite (Mogothlo) oder falls dort noch Platz vorhanden sei, nach Khwai North Gate zu fahren, um Umbuchung der Reservationen könne sie sich danach kümmern. Wir beschliessen es in Khwai zu versuchen, irgendwie werden wir da ja wohl einen Platz finden, bisher war alles recht leer. Die wenigen anderen Touristen, die meist von den Strassenverhältnissen verstört dreinblickend entgegenkamen, waren alle aus Maun.

Die Brücke über den Khwai, wir haben es in den Moremi geschafft!
Die Brücke über den Khwai, wir haben es in den Moremi geschafft!

Weitere 7km nach dem Gate kommen wir auf die Transit-Strasse Khwai – Maun. Wow! Was für eine Autobahn, hier können wir fast durchgehend 50km/h fahren. Auf dem Weg kommt uns ein anderer Camper entgegen und fragt wo wir hinwollen. «Nach Khwai North Gate» - «Da kommt man nicht durch» meinen sie, «es hat zuviel Wasser, sie seien gerade umgedreht». Wir besprechen uns kurz, beurteilen ihren begrenzt offroadtauglichen Hilux-Camperaufbau und beschliessen, dass wir es uns zumindest mal ansehen können. Interessanterweise dreht das Paar aus Namibia dann auch wieder um und folgt uns. Wir kommen an die Wasserüberquerung, sind aber einheitlich der Meinung, dass dies sehr wohl machbar sei. Chris geht voraus, alle anderen folgen und das Wasser kommt zwar bis knapp zur Kühlerhaube aber es passt schon. Keine 2km biegt ein Umweg dann aber links in den Busch ab und wir treffen auf einen entgegenkommenden Safari-Landrover von einer der dortigen Luxuslodges. Der Fahrer meint, wir sollen einfach seinen Spuren folgen. Die Querung sei sehr tief aber «possible», man müsse einfach genug schnell durchfahren. Die Gäste sind alle ziemlich bleich und wortkarg, sie haben anscheinend eine andere Auffassung von «possible». An der Durchquerung steigen wir alle aus und besprechen das Vorgehen – Andrew als Fahrer von Chris meint, was ein Landrover könne, das schaffe der V8-Landcruiser mit Schnorchel schon auch (er fährt auch privat dasselbe Cruiser-Modell). Heinz würden wir notfalls durch das Wasser ziehen. Da unsere Alternativen aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht sehr attraktiv sind, versuchen wir durchzukommen und tatsächlich, Chris der Cruiser schafft es sicher ans andere Ufer, auch wenn es einen tiefen Taucher dabeihat und die Querung sehr weit ist. Als nächstes folgen wir mit Heinz und unser Herz rast ziemlich, dementsprechend gebe ich vermutlich auch ziemlich viel Gas. Das Wasser schwappt über die Motorhaube und die Windschutzscheibe, so dass wir kurzzeitig nichts sehen. 10 Sekunden später sind wir aber auch sicher auf der anderen Seite, unsere 25’000€ aka Heinz «leben» noch. Auch Lilly schafft die Wasserdurchquerung mit viel Jubel von uns anderen und nach einem kurzen «Ausdampfen und Wasserablassen» der Motorräume fahren wir weiter und erreichen endlich Khwai Village. 
Das Video zeigt unsere Wasserdurchfahrt von Andrew aufgenommen.

Es geht durch das Dorf und dann über die Holzbrücke in den Moremi. Am Gate Office angekommen sind die Angestellten überrascht – natürlich habe es noch Platz, seit mehreren Tagen sei kein einziges Fahrzeug mehr im Camp gewesen. Leider könne man aber auch keine wirklichen Game Drives durchführen, denn in sämtliche Richtungen seien alle Wege komplett überflutet oder so matschig, dass an ein Durchkommen nicht zu denken ist. Wir sind aber einfach nur froh alles überstanden zu haben und dürfen uns dafür einen beliebigen Platz aussuchen (die Hälfte der Campsites sind überschwemmt/nicht erreichbar). Wir wählen Campsite MK2 nah am Khwai River. Rasch werden extra für uns auch noch die Toiletten gereinigt und zurechtgemacht, der kleine Block direkt neben unserem Platz hat zwar nur Kaltwasser und kein Licht, aber bis zum neueren, grossen Block mit Warmwasser muss zuerst ein Hindernissparcour mit Schlamm und Wasser absolviert werden. Heute wird auch nicht mehr gross gekocht, wird sind alle ziemlich fertig und deshalb geht es früh in die Federn. Einmal mehr regnet es nachts aus Kübeln, wenigstens scheinen mittlerweile alle Autos und Zelte soweit dicht zu sein, dass niemand ins Auto flüchten oder morgens nass aufwachen muss. Ausser Andrew natürlich, er hat mal wieder vergessen bei seinem Zelt nicht nur den Mückenschutz, sondern auch die Plane zu schliessen. Da er tief genug schläft, bemerkt er erst viel zu spät, dass sein halbes Zelt unter Wasser steht.

Nach Ankunft werden erstmal Matratzen, Zelte, Autos und Kleider getrocknet
Nach Ankunft werden erstmal Matratzen, Zelte, Autos und Kleider getrocknet

Am Morgen kommt dann wieder die Sonne hervor und langsam erwacht auch die Familie – nur sind jetzt (mal wieder…) fast alle krank ausser Anika, Andrew und mir. Zunächst gilt es aber unsere Buchung zu klären, denn aktuell sind wir ohne irgendwelche Reservation auf dem Campingplatz. Wir haben ihr zwar gesagt, dass sich Tara von Botswana Footprints um die Sache kümmern würde, aber leider hat die Campmanagerin noch keine Nachricht aus ihrem Head Office erhalten und sie möchte, dass die Sache rasch geklärt wird. Wir haben leider keinen Mobilfunkempfang (resp. nur für 13 Fr./min was uns definitiv zu teuer ist) und auf dem Handy der Managerin ist kein Geld mehr…also biete ich an, mit ihr bis ins Dorf zu laufen, dort Prepaid-Guthaben zu kaufen und danach die nötigen Telefonate zu führen. Das ist zwar umständlich, aber da es sonst nichts wirklich zu tun gibt und wir die Zeit haben, spaziere ich in den «Supermarket» von Khwai Village und 40 Pula Guthaben später wieder zurück (nötig wären vielleicht 10-20 gewesen, aber ich wollte die Aktion nicht zweimal machen). Die Telefonate dauern und bis alles in Ordnung ist braucht es viel Erklärungen und Geduld, aber es passt schliesslich. Nach Xakanaka wollen und können wir einfach nicht für die eine Nacht, deshalb bleiben wir auch die zweite Nacht in Khwai.

Nachmittags versuchen Andrew und ich herauszufinden, ob wirklich in keine Richtung Game Drives möglich sind. Wir fahren alle, wirklich alle Strassen, Tracks und Wege ab, versuchen wo möglich um Hindernissen/Wasserlöchern vorbeizufahren aber wir müssen danach eingestehen: Abgesehen von einigen wenigen hundert Metern kommt man in keine Richtung weiter, früher oder später ist an irgendeinem Wasserloch oder einer verschlammten Ebene Ende. Wir bleiben sogar einmal an einer völlig ungefährlich scheinenden Stelle stecken und können uns nur mit der Seilwinde aus dem Schlamm befreien. Trotzdem schaffen wir es noch auf eine wirklich traumhafte Ebene, wo wir Lechwe, diverse Vögel und Krokodile beobachten können. Ganz für uns allein, hier gibt es nirgendwo mehr Spuren anderer Fahrzeuge. Zurück im Camp grillieren wir noch einmal so richtig (ausserdem muss das Fleisch weg, vor Maun gibt es ein Veterinärzaun wo keine Frischwaren durchdarf, insbesondere kein Fleisch). Ich probiere verschiedenste Nomu-Rubs aus und es wird richtig lecker – aber weil ausser Andrew und Berni sonst niemand mitisst (alle krank oder keinen Appetit), sind die 2kg Fillet am Ende zu viel für uns. Mein Vorschlag «vielleicht kommen dann die Hyänen nachts?» wird von Monika entschieden abgelehnt, sie will zum Frühstück Roast Beef daraus machen.

Die Hyänen kommen trotzdem, allerdings nicht nachts – wir werden zwar alle von unglaublichem Geschrei von Baboons und anderen Tieren geweckt, es getraut sich allerdings niemand aufzustehen. Oder vielleicht waren alle zu müde. Als ich aber frühmorgens zum (warm!) duschen Richtung grossem Wasch-Block laufe, rennen drei Hyänen fast in mich herein. Sie sind laut am Streiten über ein Stück Bein von irgendeinem Tier. Ich weiss nicht, wer von uns am meisten geschockt war, aber die Hyänen rennen zum Glück vor mir weg. Nach dem Duschen zurück bei den Autos erfahre ich, dass eine Hyäne quer über unser Camp gelaufen ist und eine andere zehn Meter weiter am Abknabbern von ebendiesem Stück Bein waren. Zum Glück hat Anika brav gefilmt, ich hatte auf dem Weg zur Dusche leider keine Kamera dabei. Mindestens ein weiteres Mal kam nochmals eine Hyäne vorbei, so dass wir bis zur Abreise mit grosser Umsicht herumgelaufen sind und zusammengepackt haben.

Regelmässiger und gar nicht scheuer Hyänenbesuch am letzten Morgen
Hyänenbesuch am letzten Morgen

Eine grössere Überraschung hat dann noch der Gang zum Gate Office für uns bereit: Direkt auf dem Vorplatz sind Blutlachen zu sehen, Löwen-Spuren und abgerissene Schwanzhaare eines Gnus sind die Beweise dafür, was nachts Grund für das Geschrei und morgens Grund für den Hyänen-Streit war. Wären wir die Sache höchst spannend finden, Andrew und ich am liebsten auf Löwensuche gehen würden, wird es Simone und Anika beim Anblick leicht übel und die Parkmitarbeiterinnen erzählen, dass sie sich nicht aus ihren Häusern 50m dahinter getraut hätten, bis sie jemand mit dem Auto abholen kam. Da wir aber noch einen ordentlichen Weg bis Maun vor uns haben, verlassen wir das Geschehen ohne Löwensichtung. Wir einigten uns darauf, die Nacht in Maun oder Umgebung zu verbringen, statt zu versuchen den Camp Site South Gate zu erreichen. Das soll ein wenig Zeit zum Entspannen, Wäsche trocknen, Gepäck umräumen und gesundwerden bieten. Zumal unklar ist, ob das South Gate Camp überhaupt erreicht werden kann und wenn ja, wie. 

Bevor wir uns über die kommende Nacht Gedanken machen, müssen wir zuerst wieder durch die tiefe Wasserquerung gleich hinter dem Khwai Village. Diesmal gibt es keine Spuren und ein Foto-Vergleich zeigt, dass das Wasser gleichhoch oder maximal 5cm höher ist als zwei Tage zuvor. Also gehen wir erneut alle nacheinander durch das Wasser – ich mit Heinz diesmal ein wenig vorsichtiger, das Wasser kommt trotzdem noch hoch genug über die Motorhaube. Als einziges «Leiden» verfolgt uns ab jetzt ein heulendes Quietschen, welches beim Drücken aufs Gaspedal hörbar wird. Da aber sonst soweit alles (mehr oder weniger) in Ordnung ist und scheinbar keine wirklichen Schäden davongetragen wurden, lassen wir das Quietschen Quietschen sein und fahren Richtung Maun. 

Wunderschön, aber unbefahrbar: So enden die meisten Wege
Wunderschön, aber unbefahrbar: So enden die meisten Wege

Während die Transitstrasse vorgestern noch eine vergleichsweise wunderschöne Hochgeschwindigkeitsstrasse war, ist jetzt auch diese Piste gefüllt mit Wasserlöchern. Die heiklen Situationen mehren sich auf dem Weg via Mababe Village, auch der vorausfahrende Andrew im Landcruiser Chris bleibt fast stecken oder bereut hin und wieder seine Routenwahl durch das Wasser, aber mittlerweile gilt nur noch «Augen zu und durch, irgendwie schaffen wir das schon». Es bilden sich um uns herum auch noch heftige Gewitterwolken die noch mehr Regen und Wasser ankündigen, mittags um 12 Uhr ist eine Stimmung wie in der Dämmerung. Die Strasse wird breiter und die tiefen Wasserdurchquerungen seltener, dafür alles viel holpriger. Einige entgegenkommende Fahrzeuge fragen uns, wann die Strasse wieder besser würde? Die Antwort ist ein «Nie, es wird schlimmer», was den anderen sämtliche Farbe aus dem Gesicht treibt. Andere wiederum bleiben vor grösseren Wasserdurchquerungen unsicher stehen und filmen mit grossen Erstaunen, wie wir ohne grosses Zögern einfach durchfahren. Alles Gewöhnungssache. Zu allem Übel bricht bei Chris dann noch ein Bolzen der Ersatzradaufhängung und kurz darauf unsere Befestigung des Tisches (der zum Glück nur knapp nicht vom fahrenden Fahrzeug runterfällt). Provisorisch wird beides instandgesetzt, leider hat uns dabei auch der Regen erreicht. Die letzten 15 Kilometer bis zum rettenden Beginn der Teerstrasse fahren wir somit fast ohne Sicht und in strömendem Regen. Einziger Vorteil des Regens: Am Veterinärzaun macht sich der Beamte nicht mal die Mühe aus seinem Unterstand zu kommen und winkt uns durch. Unsere Verstecke für Käse, Obst und Wurst werden also nicht getestet. Und dann sind wir endlich, endlich wieder auf einer einwandfreien Teerstrasse, was für ein schönes Gefühl! 

Zimmer in der Thamalakane River Lodge
Zimmer in der Thamalakane River Lodge

Kurz darauf fahren wir zur Thamalakane River Lodge kurz vor Maun ein, wo wir erstmal den Regen aussitzen. Wir verhandeln einen für uns gerade noch tragbaren Preis von 1550 Pula (140€) pro Zimmer, die Standard-Rates dieser Lodge sind astronomisch fast doppelt so hoch und entsprechen in keiner Weise dem Gebotenen. Da wir nach der Übernachtung hier drei Tage lang ins Okavango Delta fliegen und unsere Reise anschliessend via Makgadikgadi Pans fortsetzen wollen, fahren Anika, Andrew und ich noch kurz nach Maun, um im Büro von Tara/Botswana Footprints unsere Reservationen und Möglichkeiten durchzugehen. Da Kubu Island sowieso nicht befahrbar ist und auch unser Baines Baobab-Campsite in der Nxai Pan einer ozeanischen Insel gleicht, beschliessen wir alle Reservationen zwei Tage vorzuziehen und dafür diese Tage noch in Südafrika «entspannt» zu verbringen. Andrew hat zwei Vorschläge und verspricht, während unserer Zeit im Delta sich darum zu kümmern (vielen Dank Andrew!). Zurück in der Lodge verzichten wir zu dritt auch auf die teure Bootsfahrt (200 Pula für 1.5h) und geniessen trockene Betten, WiFi und ein wenig Service und Ruhe. Nebenbei erstelle ich für Andrew noch eine Liste mit Reparaturen an den Autos, neben einigen Kleinigkeiten wie der Ersatzradhalterung oder der Tischbefestigung quietscht nämlich nicht nur Heinz beim Gasgeben, sondern vor allem auch Lilly beim Bremsen – sämtliche Beläge bei allen Autos sind komplett durch und teilweise muss Berni die Handbremse verwenden um zum Stehen zu kommen. Wir hoffen also, dass Andrew irgendwie diese Reparaturen in die Wege leiten kann, während wir im Delta sind.

Nach dem Abendessen gehen wir alle wieder früh ins Bett, Anika und ich schreiben noch ein wenig am Blog weiter, laden unsere Geräte und schlafen zu einer weiteren Regennacht ein. Morgen geht es dann freiwillig ins Wasser, mitten in das Okavango Delta in das Pelo Camp zu drei Tagen Luxus pur! Mit diesen Gedanken lässt es sich gut Einschlafen.

 

Gruess,

Flo


Aus aktuellem Anlass - Kinotipp

Passend zu unserem ersten Artikel über Botswana möchten wir an dieser Stelle noch auf einen aktuellen Kinofilm hinweisen. „A United Kingdom“ ist ein Film über den ersten Präsidenten des unabhängigen Landes Botswana Seretse Khama und seine Frau Ruth Williams. Die aussergewöhnliche Geschichte dieses Paares ist eindrücklich und mit tollen Schauspielern dargestellt.

Absolut sehenswert und ein guter Anstoß sich etwas intensiver mit der politischen Geschichte Botswanas auseinander zu setzen, die ganz anders als die ihrer Nachbarstaaten verlief.


Infobox

 

Chobe Bush Lodge Kasane

Botswana Footprints - einfache Buchung aller Campingplätze & Unterkünfte in Botswana

Thamalakane River Lodge Maun

 

Unser Guide Andrew Rae

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