Eroberung der Drakensberge (inkl. Gastbeitrag)

Von unseren Fotos, Reiseerlebnissen und dem Schwärmen von Südafrika überzeugt hat sich Marc einige Monate vor unserer Hochzeit an uns gewandt, um selber auch ein Stück von "unserem Südafrika" miterleben zu können. Mitten in der Reiseplanung für seine Reise in unserer Begleitung kam zusätzlich auch noch der Wunsch auf, seine Freundin Isa mit dabei zu haben und selbstverständlich haben wir die Planung angepasst, um eine Reise zu viert durchzuführen. Es geht dafür in das Eastern Cape mit Schwerpunkt "grün und ein bisschen von allem", inkl. Johannesburg, Drakensberge, Garden Route, Meer und natürlich Safari. Vom speziellen Moment des Überquerens der Landesgrenze nach Lesotho zu Fuss berichtet Marc gleich selbst in einem Gastbeitrag - danke dafür! Aber erstmal der Reihe nach: die Reise startet in Johannesburg am Flughafen wo Anika und ich gemeinsam mit Henry frisch geputzt und erholt die beiden Reisenden willkommen heissen.

Zoolake in Parkview, Johannesburg
Zoolake in Parkview, Johannesburg

Die ersten beiden Tage in Johannesburg verbringen wir einerseits mit leckerem Essen, unter anderem im Salvation Café, The Grillhouse und im Marble, wo wir auch Andrew treffen. Andererseits machen wir eine kleine Stadtführung auf der (neuen/angepassten) City-Sightseeing Busroute mit einem längeren Aufenthalt im Apartheid-Museum. Dieses hat nach zwei COVID-Jahren ebenfalls wieder eröffnet und auch beim dritten Besuch ist das Museum immer noch gewaltig, berührend, intensiv und wühlt mich emotional sehr auf. Aus meiner Sicht eine absolute "Must-See"-Sehenswürdigkeit in Johannesburg und Südafrika generell. Neben der Dauerausstellung gibt es zusätzlich auch noch eine super Johnny Clegg-Sonderausstellung sowie eine grössere Ausstellung über Nelson Mandela. Die Informationsdichte ist hoch und die Inhalte sind multimedial, spannend und sehr abwechslungsreich gestaltet, hier könnte ich Stunden, Tage verbringen!

iKhayalamafu Mountain Cottage - und die Reifenspuren
iKhayalamafu Mountain Cottage - und die Reifenspuren

Die jährlich früher stattfindende Jacaranda-Blüte ist leider schon fast vorbei (spätestens nach einem grösseren Abend-Gewitter), aber für einen Spaziergang rund um den Zoo Lake und im Parkview-Quartier reicht es auf jeden Fall noch.

Auf mehr Abenteuern zu Fuss soll es dann aber vor allem bei unser nächster Station gehen, wir gehen in Richtung Drakensberge. Dieses Mal ist das Ziel iKhayamalafu mit seinen zwei kleinen Selbstversorger-Hütten am Ende des Tales bei Cathkin Peak. Das Wetter ist bei der Ankunft leider sehr regnerisch und kühl, umso mehr nutzen wir die Kaminöfen in den Chalets. Glück im Unglück haben wir bei der Ankunft ebenfalls noch, denn die schmale Zufahrtsstrasse ist so rutschig und steil, dass der vollbeladene Henry einige Meter weiter rutscht beim Tritt auf die Bremse in der Kurve, aber zum Glück noch rechtzeitig vor dem Abgrund ins Gartenbeet zum Stillstand kommt. Sachte und mit 4x4-Low Range manövriere ich ihn rückwärts wieder auf die Fahrspur und in den Unterstand, aber das war knapper als erwünscht.

Aussicht auf den Cathkin Peak
Aussicht auf den Cathkin Peak

Wir trotzen dem Regen in unseren Hütten, der Grill ist regengeschützt und somit ist abends natürlich Braai angesagt. Am nächsten Morgen wird der Regen weniger und so erkunde ich im Nebel die Umgebung mit den vielen verfügbaren Wanderwegen. Die Stimmung am "Sphynx"-Aussichtspunkt in den vorbeiziehenden Wolken ist magisch und toll! Aufgrund der steilen Hänge und der Rutschgefahr entscheiden wir uns danach gemeinsam für eine eher flache Nachmittags-Route entlang eines Tales bis zu einem Wasserfall, den wir dann auch mit ein bisschen Effort finden. Andere Gäste (wir sind im grösstenteils im Nationalpark-Gebiet) sehen wir kaum, wir geniessen die Zeit für uns alleine. Anika und Isabelle reicht die zweistündige Tour und sie gehen zurück in Richtung Unterkunft, während Marc und ich nochmals 500m höher auf ein Plateau wandern. Gegen späten Nachmittag zeigt sich dort dann auch fast überall der blaue Himmel und wir sehen noch die letzten Sonnenstrahlen bevor die Sonne hinter dem eindrücklichen und über 3100m hohen Cathkin Peak verschwindet.

Marc und Isa haben sich dafür entschieden, von unserer Reiseplanung "überrascht" zu werden und wollen im Voraus nicht genau wissen, wo und was als nächstes folgt. Aufgrund des guten Wetters und weil ein bisschen Action durchaus im Sinne von den beiden ist, passt unser Stopp am nächsten Morgen prima ins Programm: Ziplining! Die Drakensberg Canopy Tour macht wirklich Spass, führt zwischen Felsen, Baumkronen und über Wasser auf mehreren Seilstrecken durch dichtes Grün. Ein paar Spass-Fotos, Tarzan-Schreie und ein schweisstreibender Aufstieg später sind wir happy weiter auf dem Weg in Richtung Süden, wo in der Region von Underberg die Drakensberge noch aus einem anderen Blickwinkel und in anderer Art und Weise erklommen werden sollen. Dazwischen Stoppen wir noch bei der Nelson Mandela Capture Site mit der berühmten Skulptur, die auf jeden Fall einen Halt wert ist. Dafür verzichten wir auf die Howick Falls - Regen und Wasser hatten wir jetzt zwei Tage schon genug und wir freuen uns auf die nächste Unterkunft, dem Duckbay Cottage im privaten Giantscup Wilderness Reserve.

Das Traum-Cottage am See
Das Traum-Cottage am See

Bevor wir unser Ziel erreichen, lassen wir noch etwa 800 schwarz-weissen Kühen den Vortritt, welche eine nach der anderen vor uns die Hauptstrasse in aller Ruhe überqueren. Nach typisch Afrika fühlt sich das schon nicht unbedingt an, aber das knapp 10-minütige Spektakel ist zumindest unterhaltsam. Auch bei der Ankunft an unserem Übernachtungsstopp sind wir klar der Meinung, dass dies eher dem schottischen Hochland gleicht - tiefliegende Wolken, ein dunkelblauer See, rollende Grashügel... hier könnte die erste Staffel von Outlander gedreht worden sein. Es ist wunderschön idyllisch. Nur sprichwörtlich aus dem Häuschen vor Begeisterung sind dann aber vor allem die Frauen beim Betreten des Cottage, welches modern, schick und wirklich toll eingerichtet ist. Vor allem die grossen Glasfenster mit Aussicht auf den See begeistern. Spontan entscheiden wir uns, die (noch stornierbare) Folgeübernachtung zu streichen, hier eine Nacht zu verlängern und dafür im Anschluss eine grössere Tagesstrecke zu fahren. Absolut die richtig Entscheidung!

Braai verdirbt uns niemand, auch nicht das Wetter!
Braai verdirbt uns niemand, auch nicht das Wetter!

Das Wetter will aber auch hier nur so mässig mitmachen - kurz nach unserer Ankunft beginnt es zu regnen. Weil der Grill hier nicht regengeschützt ist, müssen wir selbst dafür sorgen und "verteidigen" unser Grillgut erfolgreich mit stoischer Ruhe und Anika's Schirm (der übrigens noch heute duftende Erinnerungen von diesem Abend mit sich trägt...). Aber auch der Regen und eine längere Loadshedding-Periode können unsere Hochstimmung nicht trüben, wir geniessen die Hütte inkl. Feuerstelle, lesen und genehmigen uns je ein Bad. Für den Folgetage sind die Frauen weniger begeistert ob der geplanten "Sani-Pass-Eroberung" und verbringen den Tag lieber im schönen Cottage inkl. einer Wanderung um den See, während Marc und ich uns auf den Weg in ein neues, unbekanntes Land machen. Und von diesem Ausflug erzählt Marc in seinem Gastbeitrag gleich selbst:


Gastbeitrag von Marc - Auf einen Drink nach Lesotho

 

Im November 2022 durfte ich zusammen mit Anika und Flo Südafrika bereisen. Wir waren gemeinsam zwischen Johannesburg und Port Elizabeth unterwegs und haben viel erlebt und gesehen–zu viel, um alles aufzählen zu können, es war einfach eine enorm faszinierende Reise. Ein Erlebnis möchte ich jedoch herausheben: Auf einem Tagesausflug sind Flo und ich kurz nach Lesotho was trinken gegangen. Aber nicht irgendwohin, sondern in das–zumindest nach eigenen Angaben–höchste Pub von Afrika, auf 2’874 Metern über Meer. Schon die Fahrt dorthin war abenteuerlich und landschaftlich sehr beeindruckend, ebenso wie Flo’s und Henry’s gemeinsame Fahrkünste.

Eine Weile befanden wir uns sogar in staatentechnischem Niemandsland: Unten am Berg haben wir Südafrika offiziell verlassen, aber der Grenzposten für Lesotho steht oben auf dem Plateau, dazwischen waren wir eigentlich sozusagen im Nirgendwo. Vielleicht hätten wir dort die Schweizer Fahne einstecken und eine Exklave gründen können, einen 27. Schweizer Kanton auf einem anderen Kontinent, das wäre spannend gewesen. Ein kleiner Schritt für mich, grosses Erstaunen für die gesamte Menschheit. Wir hätten den zusätzlichen Kanton zum Beispiel Basel-Gebirgschaft nennen können, oder Neu-Zug, oder Ausser-Wallis oder so. Es wäre doch die Erfüllung eines Bubentraumes gewesen: Neues Land erobern, eigene Spuren hinterlassen, dahingehen, wo noch niemand zuvor war, unendliche Weiten... Aber dann kamen wieder andere Touristen vorbei, und ich musste ohnehin mal auf Toilette, also wurde der Expansionsplan verschoben. Im Rückblick war er ohnehin nie realistisch: Erstens gab es dort kein Migros, zweitens hätten wir zu wenig Leute für den Kantonsrat gehabt. 

Also sind Flo, Henry und ich weiter auf’s Hochplateau gefahren. Oben angekommen, wechselte zuerst der Strassenbelag von Schotter auf Asphalt, 12 Meter später stand man an der Grenze zu Lesotho. Wir haben Henry am Strassenrand abgestellt, Pass und Portemonnaie eingepackt, und sind zu Fuss nach Lesotho einmarschiert. Der Grenzposten sah eher aus wie ein 6er-Zimmer im Skilager der dritten Sekundarstufe am Ende der Woche, aber die Leute waren sehr freundlich – wenn auch etwas verwirrt, weil wir erstens zu Fuss einwandern und zweitens einfach nur kurz in ihrem Land etwas trinken wollten. Wir wurden freundlich darauf hingewiesen, dass beim Grenzübertritt Gebühren pro Fahrzeug fällig werden. Für das Szenario, dass das Fahrzeug 2 Meter vor der Grenze abgestellt bleibt und die Insassen zu Fuss den beschwerlichen Weg von weiteren ca. 8 Metern auf die andere Seite auf sich nehmen, besteht leider keine offizielle Regel, das scheint so nicht vorgesehen zu sein. Nach kurzer Beratung innerhalb des Skilager-Leiterteams stand der hochoffizielle staatsrechtliche Beschluss fest, wonach wir gebührenfrei die Grenze passieren durften. 

Ennet der Grenze erwarteten uns zwei kleine Shops, die Souvenirs anboten und Reklame machten mit mysteriösen Witzen über Gratisbier (siehe Foto – Lösungsvorschläge bitte nicht an Flo schicken).

Nach einer Gebirgswanderung von rund 125 Metern kamen wir schliesslich beim höchsten Pub Afrikas an. Die Skilagerstimmung fand hier eine Fortsetzung, und in Anbetracht des breit gefächerten, hochprozentigen Angebots an der Bar hätte man hier sicherlich die eine oder andere Woche mit Après-Ski verbringen können. Wir haben uns ein Cola Zero genehmigt.

Zurück am Grenzposten von Lesotho haben wir das Skilager-Leiterteam freundlich gegrüsst und wurden mit einem zweiten Stempel im Pass wieder offiziell aus dem Pub bzw. aus dem Land entlassen. Mit Henry zurück durch das Niemandsland, wieder keine neuen ausserkantonalen Aneignungen vorgenommen, dafür unten am Berg wieder freundlich in Südafrika willkommen geheissen. Ist vielleicht sowieso einfach auch weniger stressig, in ein Land zu gehen, das bereits besteht.

Danke für die vielen tollen Erlebnisse und gerne auf ein anderes Mal! 

Marc

 


The Shire Eco Lodge
The Shire Eco Lodge

Einen zweiten Regen-Braai und Rauch-Abend später ist unser Drakensberg-Aufenthalt dann auch schon wieder zu Ende. Schön wars! Jetzt ist erstmal ein langer Trip durch das Eastern Cape angesagt, denn die nächste Unterkunft in Stutterheim liegt fast 600km und 8h entfernt.

Die Eco-Lodge "The Shire" ist schon seit Jahren bei mir auf der Liste der Wunsch-Unterkünfte und ich freute mich, dass der Vorschlag auch bei den anderen auf Anklang stoss. Einerseits ist das Design der Holzhütten wirklich gelungen (an Herr der Ringe angelehnt) und schön, andererseits ist die Nähe an den angrenzenden Urwald ein tolles Argument für den Ort. Leider haben wir aufgrund der langen Fahrt (inkl. dem Passieren eines grässlichen Unfalls) nicht viel Zeit den Wald und die Umgebung zu erkunden, aber für einen kurzen Ausflug und eine Birding-Tour reicht es - sogar mit einer Narina Trogon-Sichtung, wow! 

Insgesamt sind wir aber alle auch sehr gespannt auf die kommenden Safari-Nächte, denn als nächstes geht es auf absolute Luxus-Safari nach Kwandwe in ein privates Game Reserve, die Vorfreude ist gross und bei allen spürbar. Denn irgendwie ist es ja verständlich, dass ein rot-grüner Vogel bei Safari-Anfängern für nicht gleichviel Begeisterung und grosse Augen sorgt wie die Aussicht auf Elefanten, Löwen und mehr.

 

In diesem Sinne bis bald und liebe Grüsse,

Florian

 

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