Nach unserer wunderschönen Hochzeit und vielen Monaten Vorbereitung auf diese Reise ist es schliesslich soweit. Alle Koffer sind gepackt und der Tag unserer Abreise ist gekommen. Wir sind parat und pünktlich - die Deutsche Bahn allerdings leider nicht, denn unser Zug nach Frankfurt Flughafen fällt aus. Zum Glück soll ein Ersatzzug fahren – denken wir zumindest für eine halbe Stunde, dann fällt auch der Ersatzzug aus. Wir schaffen es trotzdem mit genügend Reserve in Frankfurt anzukommen (inkl. 30min stehen im Zug, weil die Alternativ-Verbindung inkl. Umsteigen komplett überfüllt ist) und haben auch noch Zeit, um zwei Mal durch die Security zu gehen. Wir stellen nämlich fest, dass im Abflugterminal A abends das Restaurant-Angebot sehr begrenzt ist und gehen deshalb ganz «traditionell» eine Runde zu McD, ausserhalb des Security-Bereichs.
Unsere Flugverbindung FRA (Frankfurt) – ZRH (Zürich) – JNB (Johannesburg) mag absurd erscheinen, aber diese Absurdität wird durch die Fluggesellschaften erzwungen, welche für Direktflüge ab Zürich (oder Frankfurt) weit mehr Geld einfordern, als wenn man noch zusätzlich eine «Gratisflug» Frankfurt – Zürich dranhängt. Wie dem auch sei, unsere Flüge sind pünktlich, obwohl die Umsteigezeit in Zürich mit 50 Minuten knapp bemessen ist, was sich noch rächen wird.
Die Flieger sind voll, ein Upgrade-Versuch zwecklos, aber der Flug selbst angenehm ruhig und schlafen können wir auch verhältnismässig gut. In Johannesburg angekommen spürt man den Tourismus-Aufwind wieder, es gibt viele Gäste und entsprechend lang dauert es bei den Zollkontrollen. Wobei die Touristen wie auch die Flughafenorganisation ihren Teil dazu beitragen, denn irgendwie schafft man es, dass alle Reisende gefühlt an nur zwei von acht offenen Schaltern anstehen (aus Respekt, Aufregung oder Handy-Ablenkung?) und die Motivation der restlichen Zollbeamten, um mehr und zügiger abzufertigen hält sich auch in Grenzen.
Als wir durch sind wird das Gepäckband mit den Koffern unseres Flugs bereits geleert und wir finden unsere Koffer, allerdings nur zwei von drei. Anikas Koffer hat es scheinbar nicht nach Johannesburg geschafft und ein nochmaliges Anstehen am Lost Baggage-Schalter bestätigt: Der Koffer ist noch in Zürich und muss nachgeschickt werden. Zum Glück sind wir die ersten Tage sowieso in Johannesburg und auch wenn der fehlende Koffer mühsam ist, so ist es für uns weit weniger anstrengend als für viele der anderen 20-30 Personen, die mit uns am Schalter stehen und Flüge nach Vic Falls deswegen verpasst haben oder ihre Reisegruppe bereits abgereist ist. Eineinhalb Tage später wird Anikas Koffer dann auch tatsächlich zu uns ins Apartment geliefert. Max. R1250 Guthaben für Ersatzkäufe gab es auch noch - damit können wir leben.
Weil nicht nur wir ein wenig länger hatten, sondern auch der Flug von British Airways ab London verspätet ist, treffen wir uns kurz vor Mittag mit Erinda und Lorenzo gleich im Terminal und fahren mit ihnen in die Stadt. Lorenzo ist ein Arbeitskollege von Flo und wir haben für ihn und seine Freundin ihren dreiwöchigen Urlaub in Südafrika organisiert und zufälligerweise kam das Abflugdatum genau mit unserem zusammen. Deshalb verbringen wir einen Teil der ersten drei Tage mit ihnen beiden, denn sie übernachten auch bei Sibylle & Thomas im Airbnb in Parkview während wir das Gästezimmer nutzen dürfen. Das hat ausserdem den Vorteil, dass wir die beiden bei ihrer ersten Fahrt durch die Stadt gleich navigieren können, zusätzlich noch ein bisschen als Guides zu Verfügung stehen und sie in ein paar unserer liebsten Restaurants der Stadt ausführen können.
Für uns steht an diesen ersten Tagen in Südafrika aber in erster Linie die Übernahme von unserem Camper im Vordergrund. Wir haben uns auch bei diesem Kauf, wie bereits vor sechs Jahren, für einen 4x4 Toyota Hilux mit Bushcamper-Aufsatz und Pop Up-Zelt von Bushlore entschieden (eine ausführliche Vorstellung vom Auto folgt bald). Dieses Mal möchten wir das Auto über unsere 6 Flittermonate hinaus behalten und nicht wieder am Ende der Reise zurück- resp. weiterverkaufen, weshalb im Voraus einiges mehr an administrativem Aufwand notwendig war. Als Non-Residents ohne Wohnort dürfen wir in Südafrika kein Auto registrieren, weshalb die Registrierung freundlicherweise ein Freund von uns übernimmt. Trotzdem gibt es einiges zu tun, von Versicherung über die Installation eines Car Tracking Device (gefordert von der Versicherung), Erneuerung der Auto-Lizenz, Letter of Authority, um das Auto über Grenzen fahren zu dürfen, diverse Certified Copies von IDs und so weiter.
Und schliesslich soll auch mit dem Auto alles passen, weshalb wir gut zwei Stunden für die Übernahme investieren, uns einige Dinge nochmals zeigen und erklären lassen und sicherstellen, dass nichts fehlt und alles funktioniert, wie es soll. Einige kleine Zusatzaufträge wie eine fixe Aluminium-Leiter zum Einstieg in den hinteren Camper-Bereich oder ein USB-Anschluss im Dachzelt, wurden bereits auf unseren Wunsch von Bushlore durchgeführt.
Wir verbringen einen guten Teil der ersten Tage in Johannesburg mit Auto-Arbeiten (einrichten und putzen) und Einkäufen, aber auch Restaurant-Besuchen. So essen wir wirklich gute napoletanische Pizza bei Coalition, gehen mit Lorenzo und Erinda ins Saints für chices Ambiente mit super Essen und vor allem ausgezeichneten Desserts und wir probieren auch das wiedereröffnete Marble (leider essen wir nur an der Bar, da das Restaurant ausgebucht war) und treffen uns zufälligerweise im Anschluss noch auf ein paar Worte mit dem Chefkoch und Inhaber David Higgs, der Anfang dieses Jahres unterhalb des Restaurants eine Tankstelle mit Delikatessen-Shop eröffnet hat. Auch mit Jay und Andrew, Freunden aus Johannesburg, trafen wir uns noch zum Brunch bei Whippet und zum Abendessen, fast schon traditionell in dieser Runde, im Grillhouse. Dazwischen hatten wir auch einige wunderschöne Stunden mit Sibylle und Thomas in Parkview, inkl. Begrüssungsapero. Auch beim Einkaufen waren wir recht erfolgreich – mit der Erfahrung von den letzten 180 Tagen und unseren weiteren Reisen haben wir bereits einiges auf unserer Packliste im Voraus zusammengetragen. Das Einzige, das wir auch im fünften Shop nicht finden konnten (nach zwei verschiedenen Cape Union Marts und diversen Outdoor Warehouses), ist ein gescheiter Toaster für den Gaskocher. Wir entscheiden uns dann für eine eher umständlich-luxuriöse Variante für Rucksack-Camper, welche nur einen statt vier Toasts aufs mal zubereiten kann – wir werden berichten, denn der perfekte Toast an einem Campingmorgen ist nicht zu unterschätzen. Bereits vor sechs Jahren war dies eine unglaublich umständliche Suche für eine simple Metall-Konstruktion, welche keine 10€ kostet, aber scheinbar dauer-ausverkauft ist. Abgesehen von solchen Kleinigkeiten waren wir aber sehr zielstrebig und erfolgreich und fühlen uns gut ausgestattet.
Zu den nicht ganz so erfreulichen Tatsachen gehört in Südafrika aktuell das Thema Loadshedding (=geplante Stromausfälle). Was in Europa aktuell diskutiert wird, ist in Südafrika bereits seit über einem Jahrzehnt Realität: Immer wieder wird der Strom ausgeschaltet, mal 2 Stunden, mal 4 oder 6 Stunden. Es gibt grobe Zeiten, die man auch über eine eigene App abrufen kann, 100%ig verlassen darauf kann man sich auf diese Zeitangaben aber nicht. Die Situation hat sich in den letzten Monaten massiv verschärft, sodass man sich aktuell häufig auf Stufe 6 von insgesamt 8 Stufen befindet (wobei die letzte Stufe quasi «überhaupt keinen Strom» bedeutet). Das heisst nicht nur, dass man mit mehreren Stromausfällen pro Tag rechnen muss (z.B. 08:00-12:30, 16:00-18:30 und 00:00-04:30), sondern auch, dass viele Backup-System nicht mithalten können oder zum Beispiel die Mobilfunk- und Internet-Versorgung darunter leidet.
Eine eher amüsante Anekdote der letzten Tage ist hingegen die Tatsache, dass nach der Installation des Car Tracking Device bei den ersten Fahrten der Motor hin und wieder einfach nicht anspringen wollte. Ein bisschen Panik kommt bei uns auf, als (während zum Glück unwichtigen Momenten) das Auto einfach nicht anspringen will. Wir malen uns bereits lebhaft aus, was wäre, wenn ein Elefant es plötzlich auf uns abgesehen hätte oder wir aus einem anderen Grund in Gefahr wären und dann das Auto einfach nicht anspringt… Ich versuchte vieles, von Schlüssel drehen über zuerst Kupplung, dann zünden oder zuerst Einschalten, dann Kupplung, dann zünden und so weiter. Auch der Mechaniker konnte am folgenden Tag nicht wirklich etwas sagen, ausser dass beim Tracking Device alles korrekt verkabelt zu sein scheint. Erst nach der Bemerkung «the clutch is a bit stiff» ist der Groschen gefallen: Für die Zündung musste die Kupplung ganz nach unten gedrückt sein, d.h. auch die letzten Millimeter vor dem Anschlag. Mit diesem Wissen funktioniert seitdem erfreulicherweise auch alles.
Um erste Campingerfahrungen mit unserem Bushcamper zu sammen, haben wir uns anschliessend spontan entschlossen, für einige Tage in den Bush zum Campen zu fahren – genauer gesagt in den Kruger Nationalpark resp. ins Lowveld. Neben dem Camping haben wir natürlich auch einfach Lust auf Safari und verbinden damit auch noch den angenehmen Nebeneffekt ein bisschen Wärme und Sonne zu tanken. Der Frühling in Johannesburg ist zwar spürbar, trotzdem ist es morgens für unsere Verhältnisse eher kühl bei um die 10-15 Grad. Im Kruger hingegen werden bereits Temperaturen von bis zu 37 Grad vorhergesagt – deshalb heisst es nun «Auf geht’s, Kruger wir kommen».
Florian
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