Into the Wild mit Cedric: Frieren in der Kalahari

Es ist kurz nach ein Uhr nachts, als ich das erste Mal aufwachte. Mann, war das kalt oben im Dachzelt. Ich schloss die Seitenwände und versuchte weiter zu schlafen mit mässigem Erfolg. Beim nächsten Aufwachen zog ich mir die Thermounterwäsche an, nochmals eine Stunde später drehte ich den Schlafsack so, dass mein Gesicht von der Kapuze verdeckt wurde. "Comfort Temperatur: +9°" steht auf meinem leichten Sommerschlafsack, "Limit +5°", "Extreme -3°" und ich habe es ja gerne warm... gefühlt war das für mich definitiv das Limit schon längst erreicht. Irgendwann, als sämtliche elektronischen Geräte den Geist aufgegeben und wir frierend den Morgen abgewartet haben, ging endlich die Sonne auf und wir trauten uns langsam raus. Es ist September und wir befinden uns auf einem kleinen Campingplatz vor den Toren des Kgalagadi Transfrontier Nationalparks.

Cedric fand heraus, dass das Waschhäuschen warm geblieben war und ging Duschen - effektiv mit heissem Wasser, denn die Glut unter dem Boiler hielt fast die ganze Nacht. Da hätten wir also mit unseren Schlafsäcken hingehen sollen. Ich sammelte derweil ein wenig Holz in der Umgebung und brauchte wieder etwas Feuer, um warm zu bekommen. Trotz Sonne reichte es nur langsam um Aufzuwärmen. Unser Auto-Thermometer war um den Gefrierpunkt und wir entschlossen uns für Frühstück mit Tee und heisser Schokolade, um die Zeit abzuwarten, bis wir den Grenzübergang passieren konnten.

Wir nahmen es mit Humor und kamen zum Schluss, dass "zum Glück unsere Frauen nicht dabei sind". Reifenpanne und Ersatzreifensuche, Grenzübergangszeit verpasst und jetzt auch noch so eine kalte Nacht... wir waren uns einig: So sehr wir unsere Freundinnen auf dieser Reise vermissen, in solchen Situationen ist es wahrlich entspannter im "Männerurlaub" zu sein!

 

Und wenn ihr beide das lest: Ihr könnt das in der Situation sicher nachvollziehen // And as both of you are reading along: You hopefully comprehend our conclusion in this situation ;) 

Auch am Grenzposten warteten alle draussen in der Sonne, denn das kleine Häuschen hatte keine Heizung. Die Formalitäten waren rasch erledigt und unkompliziert - endlich konnten wir nach Mata-Mata in den Kgalagadi Transfrontier Park, kurz KTP. Da wir die erste Nacht dort verpassten, mussten wir am selben Tag aber direkt weiter nach Nossob via dem Hauptcamp Twee Rivieren im Süden - nur dort lassen sich die Einreiseformalitäten nach Botswana erledigen. Das bedeutete für uns einen entsprechend langen Fahrtag, aber als Game Drive war das natürlich in Ordnung und unsere Vorfreude war gross. Die erste grosse Freude bereitete uns die in Mata-Mata ansässige Erdmännchen-Familie, welche just als wir aus der Reception herausliefen auf die morgendliche Futtersuche ging. Und da diese Tiere alles andere als scheu waren, kamen sie teilweise bis auf einen Meter an uns heran, als sie wie wild am Buddeln und wir einfach nur still am Beobachten und Fotografieren waren. 

Die ersten Tiere wurden also bereits gesichtet und jetzt ging es weiter ins Auob-Tal südwärts Richtung Twee Rivieren. Für September war es erstaunlich grün an gewissen Stellen, dementsprechend war auch die Tierdichte im Flusstal sehr hoch. Schakale, Springbok-Herden, Oryx, Gnus und vor allem viele, viele Strausse. Ich versuchte mein Interesse am Bird-Watching ein wenig an Cedric weiter zu geben, was spätestens dann gelang, als wir zuschauen durften wie ein junger Martial Eagle im Nest seine ersten Flugstartversuche unternahm. Aber auch sonst gab es mit Kori Bustard, Secretary Bird oder Swallow-Tailed Bee-Eater einige spannende Vogel-Sichtungen. Was sich hingegen gar nie zeigen wollte, waren Löwen oder sonstige Raubtiere und auch die Giraffen des oberen Auob-Tals konnten wir nirgendwo entdecken. Fairerweise muss man an dieser Stelle aber auch erwähnen, dass wir beim Frühstück-Stop um 11 Uhr bereits deutlich über 30° hatten, die nicht mehr "angenehm wärmend" waren, sondern ziemlich heftig einheizten. Es ist schon ungewohnt und eindrücklich, wie sich innert 3-4 Stunden eine Temperaturdifferenz von über 30 Grad ergibt. Trotzdem lohnte es sich, an der Auchterlonie Picnic Site einige Schritte zu laufen, sich die Ausstellungsobjekte des kleinen "Museums" dort anzuschauen und von oben die Oryx beim Wasserloch zu beobachten.

Wie verwandelt waren plötzlich auch die anderen Touristen. Während vorher in Namibia die "deutschsprechend-Quote" bei gefühlten 95% lag, traf man hier in erster Linie auf südafrikanische Gäste. Wir kamen immer wieder rasch ins Gespräch, sei es wegen einer Sichtung, unserem hübschen Auto oder einfach aus Freude und Geselligkeit.

Leider noch ohne die versprochene Katzen-Sitzung erreichten wir Twee Rivieren, wo ich auf der SA-Simcard Empfang hatte und noch die Unterkunft-Infos und den Kontakt für die letzten zwei Tage im Madikwe organisieren musste (die Buchung lief zuvor über Andrew). Ausserdem erledigten wir auch unsere Einreise nach Botswana, wohin wir im Anschluss an die beiden Nächte in Nossob weiterreisen würden. Sämtliche Grenz-Formalitäten von SA & Botswana müssen nämlich in Twee Rivieren erledigt werden, wo man einen gemeinsamen Grenzposten führt. Es gibt zwar nach Destinationen getrennten Eingängen, jedoch führen beide schliesslich in dieselbe Halle. 

Nicht zuletzt stockten wir auch unsere Vorrat im Shop auf, Feuerholz, Getränke, Fleisch und Biltong standen auf der Einkaufsliste.

Für die letzten 150 Kilometer nach Nossob blieben uns gute viereinhalb Stunden, was zwar nicht sehr viel war, im KTP aber für eine entspannte Fahrt mit einigen Foto-Stops reicht. Und irgendwo sollten die ganzen Löwen, Leoparden, Geparden und co. ja auch zu sichten sein!? Vorerst blieb es allerdings beim gewohnten Oryx-Strauss-Springbok-Mix, wobei im breiteren Nossob-Tal die Tiere rarer waren und die Landschaft auch deutlich trockener. Dementsprechend konzentrierten wir uns auch hier öfter mal auf die Vögel, z.B. einem Bateleur oder diversen Wasserloch-Besuchern. Und dann wurde es plötzlich spannend: Vor uns hielt am rechten Strassenrand ein Auto und die Insassen schauten in die Ferne. Entdecken konnten wir allerdings trotz ausgiebiger Suche nichts, also erkundigten wir uns, wofür denn hier genau angehalten würde. "Cheetahs" seien es, da hinten links unter dem Baum, sie würden gerade liegen und seien schwer zu spotten teilten uns die freundlichen Südafrikaner mit. Von ihrem Platz aus sei es besser zu sehen meinten sie, übergaben uns ihre Position und verabschiedeten sich. Tatsächlich lagen da im Schatten eines Baumens und gut im Gras getarnt zwei Geparden, die man selbst mit Fernglas nur schwer sah und vor allem dann bemerkte, wenn die Ohren der Tiere kurz zuckten. Da wir mittlerweile das stehende Auto waren, durften wir jetzt die Info an die nächsten 2-3 Fahrzeuge weitergeben und immerhin zeigten sich die Geparden noch einmal kurz im Sitzen.

Nach dieser sehr erfreulichen Sichtung ging es entspannt weiter Richtung Nossob und Sonnenuntergang. Da es zeitlich drin lag, nahmen wir auch noch den letzten zusätzlichen Schlenker kurz vor dem Camp mit, auch wenn überall ziemlich tote Hose war. Dasselbe galt ebenfalls für den Camp-eigenen Birdhide am Wasserloch, den wir nach dem Einchecken mehrfach besuchten, aber quasi gar nichts sahen.

Gebucht hatten wir das "Family Chalet", welches direkt gegenüber dem südlichen Gate, hinter der Reception liegt. Die Lage ist nicht unbedingt die attraktivste, aber das Chalet gehört nach meiner Erfahrung zu den besseren SANParks-Hütten was Ausstattung und Zustand generell angeht. Vielleicht war es auch nur unsere Erleichterung, die kommende kalte Nacht in einem warmen Bett zu verbringen, aber ich schlief selten so gut und tief nach unserem Braai & Curry-Erbsen-Reis-Gericht. Den Wecker stellten wir uns früh, so dass wir gleich bei Gate-Öffnung um 6 Uhr losfahren konnten. Da wir bereits um kurz nach 21 Uhr ins Bett gingen, fühlte es sich fast nach Ausschlafen an.

Auf unserem Drive nach Norden blieb es auch eher ruhig, einzig an einem Wasserloch war Action geboten durch einen Schakal der mindestens 10 Versuche startete, um die Tauben rund um das Wasser zu fangen und zwischendurch dabei von Gnus und Straussen gestört wurde.

Ein wenig später hielten wir wieder mal hinter einem Fahrzeug an, welches direkt auf der Strasse stoppte und sahen wie so oft: Nichts. Das Paar deutete auf die Böschung am Strassenrand und meinte "Lions" und wir erschraken fast ein wenig, als keine 5m neben dem offenen Fenster im Gebüsch eine Löwin lag und uns schon beobachtete. Es waren insgesamt drei Stück, zwei Mütter mit einem fast ausgewachsenen Sohn, der sich dankenswerterweise noch aufsetzte und umsah. Da waren sie also, die Löwen im KTP - ich war erleichtert. Hatte ich Cedric doch versprochen, dass wir in diesem Park "garantiert" Löwen sehen würden. Es folgten einige Fotos, unter anderem auch mit Cedrics neuem Plüschlöwen "Leo" bis wir zufrieden in Richtung verdienter Frühstückspause fuhren.

Aber wie so oft: die spannendsten Dinge sieht man oft dann, wenn man gar nicht danach sucht. Kaum von den Löwen weggefahren treffen wir auf einen Honey Badger (Honigdachs), der uns aus einiger Entfernung auf der Strasse beobachtet. Er bleibt immerhin so lange, dass ich sogar ein Foto machen kann, dann verschwindet er im hohen Gras. Gerade als wir wieder losfahren wollen, stürmt er jedoch erneut auf die Strasse, beobachtet und und haut dann auf die andere Seite ab. Sekunden später folgt ein zweiter Dachs, der vor lauter Aufregung beim betreten der Strasse prompt "ausrutscht" und auf den Bauch fällt, sich aufrappelt, einmal um sich guckt und danach ebenfalls dem anderen hinterher rennt. Was für eine herrliche Slapstick-Einlage!

Unser Frühstück am Lijersdraai Picnic Spot war dann wie gehabt: Toast mit Nutella, ein bisschen vom mitgebrachten Mostbröckli (Schweizer Trockenfleisch am Stück), dazu Tee, heisse Schokolade und Fruchtsäfte. Speziell waren dafür die Sociable Weavers, die uns belagerten. Zuerst wurde die Wasserflasche von aussen angepickt wie verrückt, danach wurde sich auf jedes noch so kleine bisschen Flüssigkeit gestürzt und als wir kurz die Tasse mit dem heissen Tee aus den Augen liessen, schwirrten und schwammen zehn Vögel um und in der Tasse, die Fluchtdistanz war weniger als 50cm. Zufrieden kehrten wir ohne grössere nennenswerte Sichtungen ins Camp zurück, genossen ein wenig Pause am Nachmittag, verbrachten Zeit am Bird Hide mit viel Vogelkunde und starteten abends nochmals einen kurzen Drive, der zwar einen schönen Sonnenuntergang aber insgesamt kaum Tiere vor die Kamera brachte. Highlight war dann vielmehr der Datsun aus den 70er-Jahren (?), der am Tanken war. Kaum zu glauben, dass ein solches Fahrzeug nicht nur hierhin fährt, sondern auch so lange die Wüste zu überleben scheint. Falls jemand die genaue Fahrzeugbezeichnung kennt, gerne kommentieren ;)

Fazit Nossob: Trotz Umbau angenehm ruhig, Shop mit allem nötigen, das Family Chalet ist eine gute Unterkunft, die River Front-Units sahen schon interessant aus, aber wenn die üblichen Favoritentiere fehlen, muss man sich halt sonst bei Laune halten. Und das klappte ganz gut bei uns.

Am nächsten Morgen ging es nun endlich nach Botswana in die Mabuasehube Area des Kgalagadi Transfrontier Park. Eine rund 170km lange Transitstrecke quer durch die Kalahari verbindet das Nossob-Tal mit der Mabua-Section und nochmals etwa 20km weiter geht es dann zu unserer nächsten Campsite bei Mpayathutlwa. Vor dieser Strecke hatte ich ziemlichen Respekt, denn sie wird als recht tiefsandig und "einspurig" angegeben trotz Gegenverkehr. Dazu ist mit Durchschnittsgeschwindigkeiten zwischen 20 und 35km/h zu rechnen - ohne Pausen. Aus diesem Grund wollten wir früh starten, das gelang so mässig. Um halb acht fuhren wir los. Wir waren dann vor allem überrascht, wie viele Tiere wir in den ersten Stunden sahen, fast mehr als auf dem Game Drive am Tag zuvor. Oryx, Springboks, Gnus, Elen-Antilopen, Strausse waren stetige Begleiter und dann spazierten sogar zwei Hyänen den Weg entlang!

Die Strecke war insgesamt nicht wirklich anspruchsvoll, es gab zwar in der ersten Stunde eine Stelle, wo wir prophylaktisch im Low-4x4 über die Düne fuhren, aber ansonsten ist die Strecke vor allem eins: holprig. Egal ob man 20 oder 30 oder 40 km/h fährt, es rüttelt fast ununterbrochen. Daran gewöhnt man sich mit der Zeit und dementsprechend ist es dann halt so. Nach ziemlich genau 100km legten wir an der Matopi Pan unseren Frühstückshalt ein. Ganz in der Nähe gibt es auch zwei Campsites zur Übernachtung, falls man es eher ruhig nehmen möchte oder nach 4h Fahrt genug hat. Tiere gibt es hier offensichtlich auch, vor einem dreiviertel Jahr machte ein Vorkommnis auf der Matopi Campsite 1 Schlagzeilen als eine Frau im Zelt und im Schlaf von einem Leoparden angegriffen wurde. Für Interessierte und Unzimperliche: hier gibts die Story mit Bildern vom Leoparden und wer noch mehr Wissen möchte, kann hier mehr dazu lesen.

Vielleicht lag es also an dieser Geschichte, die ich Cedric erzählte, dass ich plötzlich ein sehr vehementes "Flo, komm bitte schnell hierher!" hörte, als ich gerade am Austreten war. Nein, es war kein Leopard, aber eine Brown Hyena interessierte sich für unseren Frühstückstisch und kam bis auf wenige Meter heran. Davon war ich aber vor allem erstmal begeistert und versuchte möglichst unauffällig und ruhig meine Kamera zu holen, denn eine Brown Hyena fehlte bislang noch auf meiner Sichtungsliste. Wow und dann auch noch so nah! Leider fand die Hyäne das weniger cool und gab sich unfotogen, denn als ich neben dem Auto hervortrat suchte sie möglichst rasch das Weite, sodass mir leider nur der Rücken auf dem Foto blieb. Eine klasse Sichtung war es allemal und wir freuten uns darüber. Trotzdem schauten wir uns während dem restlichen Frühstück immer mal wieder um... man weiss ja nie.

Weitere Besucher gab es allerdings nicht, es passierte uns jedoch das erste entgegenkommende Auto (von insgesamt drei) auf der ganzen Strecke.

Kaum losgefahren gab es völlig überraschend weiteres Sichtungsglück: Direkt vor uns auf der Strasse stand ein Caracal, der zwar schnell ins hohe Gras verschwand, danach aber noch einige Zeit uns weiter beobachtete, bevor er weiter zog. Was für ein Glück! Die restliche Strecke nach Mabua verlief eher ruhig und auch die Tiere wurden weniger. Dafür wollte und wollte sich die Wolkendecke nicht auflösen, es blieb bei kalten maximal 15 Grad, einem scharfen Wind und zwischendurch sogar Regen. 

Nach knapp acht Stunden Fahrzeit für 180km waren wir dann auf der anderen Seite, an der Bosobogolo-Pan. Hier trafen wir dann auch wieder auf andere Touristen, man stoppte kurz und unterhielt sich über Routen und Tagessichtungen (Löwen angeblich bei den Duschvorrichtungen an der Khiding-Pan heute Vormittag), aber sonst schien es ruhig zu sein. Wir hatten genug vom Fahren und gingen deshalb direkt Richtung Mpayathutlwa-Pan, wo unsere Campsite war. An der Pan angekommen sahen wir dort dann auch gleich wieder ziemlich viele Tiere (Gnus, Oryx, Springbok) und fuhren um die Pan herum, zuerst an Campsite 2 vorbei (das wäre ein schöner Platz, gute Übersicht über die Pan) und dann am Campsite 1 vorbei...

STOPP!!! Vollbremsung im Tiefsand geht zum Glück schnell. Hier, direkt bei Campsite 1 liegen zwei Löwen mit tollen Mähnen 10m neben der Strasse. Und das verrückteste - auf der anderen Strassenseite ist ein Mann, der seelenruhig den Abwasch (?) am erledigen ist. Wir machten uns bemerkbar und fragten ihn bezüglich der Löwen, er zuckte nur mit den Schultern und meinte ja, die seien schon den ganzen Tag irgendwo da hinten. Okay...

Ausserdem passierte uns in dem Moment ein Auto mit einem weiteren Mann, den wir ebenfalls auf die Löwen hinwiesen. Er lächelte, meinte "ja, wisse er - die Weibchen lägen übrigens bei Ihnen unten direkt neben Campsite 2". Ein wenig verblüfft fuhren wir weiter zu unserem "Reserve Campsite", der den Namen Campsite nicht wirklich verdient hat. Einen Mülleimer und eine Sandfläche um einen kleinen Baum herum gibt es hier, dafür haben wir Sicht auf das Wasserloch (wobei das bei diesen kalten Temperaturen wohl nicht so relevant ist wie im Sommer). Das für diesen Platz allerdings 770 Pula für zwei Personen verlangt wird (80€), das ist schon heftig... Löwen hin oder her.

Reserve Campsite an der Mpayathutlwa-Pan
Reserve Campsite an der Mpayathutlwa-Pan

Da wir genügend Zeit hatten, probierten wir es mit dem Aufbau des mitgeführten Bodenzelts. Leider mussten wir feststellen, dass dieses unbrauchbar war, da offensichtlich die Heringe fehlten und es bei dem Wind kaum viel aushalten würde. Trotzdem bauten wir es auf in der Hoffnung, man könnte ja drinnen Essen (es war fast hoch genug zum darin zu stehen), falls später immer noch so ein Wind gehen würde. 20 Minuten später einigten wir uns darauf, dass wir wieder zu den Löwen fahren würden. Die lagen natürlich noch genau gleich faul herum wie vorher und bewegten sich kein Stück. Wir entschieden uns mal freundlich bei Campsite 2 anzufragen, ob wir uns kurz die Löwen anschauen dürften und wurden dort sehr herzlich empfangen. Die Löwinnen lagen rund 50m neben dem aufgebauten Camp im Gras, hin und wieder sah man einen Kopf. Das schien aber auch hier niemanden im geringsten zu beunruhigen, schliesslich waren die Löwinnen am morgen beim Wasserhahn zum Trinken da und uns wurden Fotos und Videos gezeigt. Die äusserst freundliche Gruppe aus Südafrika hatte eine Art Familientreffen, die Eltern in die USA ausgewandert, die Tochter am Arbeiten in Cape Town, der Onkel mit Arbeitskollege aus Johannesburg. Uns wurde sofort auch etwas zu Trinken aufgedrängt und als wir dann zwei Tafeln Schokolade als Gegenzug zum "zVieri" und als Dank überreicht haben, meinte die Mutter ganz bestimmt "They stay here!" und wir waren fortan die beiden "Chocolatiers from Switzerland".

Auf Campsite 2 spontan zum Sundowner & Abendessen eingeladen
Auf Campsite 2 spontan zum Sundowner & Abendessen eingeladen

Da wir ja sowieso all unsere Sachen (ausser unserem unnötig aufgestellten Zelt) bei uns dabei hatten, nahmen wir die Einladung zur Teilnahme am Abendessen gerne an. Sobald die Sonne unterging standen wir dann alle um den Grill herum, da es wirklich kalt wurde und der Wind nicht abflauen wollte. Dafür verzogen sich langsam die Wolken. Auch Tiere sah man kaum, die Löwen schienen die Kälte ebenfalls zu spüren und bewegten sich nicht.

Während dem Essen kamen dafür nacheinander ein Cape Fox, eine Brown Hyena und mehrere Schakale vorbei, um zu prüfen, ob es nicht doch etwas zu Essen für sie gäbe. Irgendwo in der Ferne brüllte auch noch ein weiterer Löwe, leider wollte die Fraktion bei uns keine Antwort geben. Nebst sehr leckerem heissen Amarula-Coffee haben wir dafür gelernt, dass ein Stück glühende Kohle unter dem Campingstuhl für äusserst angenehme Wärme sorgt. Trotzdem gingen verhältnismässig früh schon alle ins Bett und wir verabschiedeten uns Richtung unserem Campingplatz, es war einfach zu kalt, um noch lange draussen zu verweilen. Wir diskutierten noch die besten Taktiken um möglichst warm zu bleiben (Jacke um Schlafsack-Füsse, Leintuch über den Schlafsack, mit Thermo-Unterwäsche schlafen gehen, keine Öffnung im Dachzelt lassen) und schliefen dann ein.

Ab 4 Uhr nachts konnte ich vor Kälte allerdings kaum mehr schlafen, es war alles schon ziemlich abgekühlt und trotz Schlafsack-Kapuze über meinem Gesicht - ich fror. Cedric ging es nicht gross anders und wir dösten nur noch ein wenig vor uns hin. Das Löwengebrüll draussen war mal näher, mal ferner - die schienen auch nicht zu schlafen. Um halb sechs war es uns dann aber genug und wir beschlossen, mit dem Schlafsack runter ins Auto zu gehen und den Motor und die Heizung einzuschalten. Das Zelt liessen wir aufgeklappt und fuhren etwa 10 Runden einfach auf unserem kleinen Campsite im Kreis herum, bis es endlich ein wenig wärmer im Auto wurde. Umso mehr staunten wir, dass unser Thermometer für draussen bei -5°C angelangt war. Minus fünf! Autsch, kein Wunder hatten wir so kalt. Dafür sahen wir am Horizont langsam die Dämmerung und beschlossen zum Wasserloch herunter zu fahren.

Kurz vor dem Wasserloch war aber schon wieder ein Stopp angesagt: Direkt neben uns lag der Löwe, der uns nachts mit dem Gebrüll beehrte. Was für ein Glück im Unglück. Zufrieden liessen wir unser Auto (für einmal mit laufendem Motor und geschlossenen Fenstern) neben dem Löwen stehen und freuten uns über die Sichtung und die aufgehende Sonne. Wirklich eindrücklich wurde es dann allerdings, als sich der Löwe regte und zu einem über Minuten hinziehenden Gebrüll hinreissen liess, mal lauter, mal leiser. Dabei war es weiterhin so kalt, dass nach dem Brüllen jeder Atemstoss  in der kalten Luft zu sehen war. Als sich der Löwe dann in Bewegung setzte (mangels Antworten?) konnten wir ihn auch noch über eine Querstrasse so abpassen, dass er direkt neben und vor unserem Auto durchspazierte - grossartig!

Als die Sonne langsam wärmend zu spüren war, beschlossen wir zu frühstücken und unsere Sachen zusammen zu packen, Löwen hatten wir jetzt ja zur Genüge gesehen. Dabei stellten wir fest, dass nicht nur die Scheibenwisch-Flüssigkeit, sondern auch das Wasser in unserem Frischwassertank (resp. zumindest die Leitungen) eingefroren waren. Trotzdem ging es sehr rasch bis wir uns wieder wohl fühlten und die Temperaturen zumindest wieder zweistellig positiv waren. Nach dem Aufräumen verabschiedeten wir uns von der netten südafrikanischen Familie vom Vorabend (die übrigens auch alle jämmerlich die Nacht hindurch gefroren hatten, wie sie uns erzählten) und machten uns auf den Weg aus dem KTP in Richtung Kang. 

Frost auf dem Solarpanel
Frost auf dem Solarpanel

Der ursprüngliche Plan war, entweder die Strasse nach Hukuntsi oder aber eine kleinen Weg entlang des Zaunes zu nehmen, der schnurgerade Richtung A3/Highway führte und somit nur halb so lang war. Im Gespräch mit den Reception-Ladies am Ausgangsgate, die sich alle draussen in der Sonne aufwärmten, wurde uns aber gesagt, wir sollen unbedingt die "Hauptstrasse" via Hukuntsi nehmen, die sei prima. Und tatsächlich, im Gegensatz zu diversen Berichten und Erfahrungen, welche ich im Voraus gelesen hatte, handelte es sich nicht um eine "sechsstündige Fahrt für 100km im tiefen schweren Sand", sondern weitestgehend um eine breite, plattgewalzte Sandpiste, die man bis auf wenige tatsächlich sehr tiefsandige Zwischenstücke locker mit 80km/h befahren konnte. Dementsprechend waren wir nach weniger als eineinhalb Stunden bereits wieder auf der Teerstrasse, konnten Auftanken und waren bereits um kurz nach 11 Uhr in Kang bei "Kalahari Rest", unserer Unterkunft, viel früher als eigentlich geplant. Wir entschieden uns deshalb, hier nur einen kurzen Frühstück-Stopp einzulegen und die restlichen 550km nach Maun noch heute zu absolvieren.

Kalahari Rest als Unterkunft sah allerdings als Zwischenstopp gut aus und man bot uns sehr freundlich an, die Terrasse für unser Frühstück zu verwenden, da Essen dort nur auf vorzeitige Bestellung möglich gewesen wären (wir waren zumindest zur Mittagszeit die einzigen Gäste dort). Gestärkt und mit Fahrerwechsel ging es dann auf dem Trans-Kalahari-Highway weiter, wo wir uns über die wenige Meter tiefe und hohe "Canyons" und "Hills" in den Ortsbezeichnungen amüsierten. Dieser Teil von Botswana ist extrem flach und dünn besiedelt, aber wenigstens ging es recht zügig mit 100km/h vorwärts, wir wollten ja noch vor Einbruch der Dunkelheit ankommen. An dieser Stelle kurz ein Einschub zu unserem Auto Heinz Senior: Durch einen (nicht auffindbaren) Kurzschluss hatte es uns die Sicherung für die Blinker durchgebrannt und da leider jegliche Dokumentation zum Auto fehlte, habe ich die richtige Sicherung (IND wärs gewesen für Indicator...) auf die Schnelle auch nicht gefunden. Ebenfalls feststellen konnten wir im Abgleich mit dem GPS-Tracker, dass Heinz sen. auf der Kilometer-Anzeige etwa 6-7% weniger anzeigte als real gefahren, auch die Geschwindigkeit jenseits von 80km/h war unüblich punktgenau die am Tacho angezeigte. Ich vermute, dass die Ungenauigkeit auf die deutlich grösseren Reifen als Hilux-werksüblich zurückzuführen ist und gehe jetzt mal davon aus, dass Savanna diese Korrektur schlicht verpasste.

Daran lag es allerdings nicht, dass wir beim nächsten Fahrerwechsel in Ghanzi realisierten, dass wir vor 18:30 Uhr nicht in Maun sein würden (Sonnenuntergang ca. 18:15). Was wir hingegen nicht wirklich einberechnet hatten, war die Strassenverschlechterung auf den letzten 150km. Es war zwar nicht schlimm, aber so markant, dass Geschwindigkeiten von 60-80km/h eher die Regel waren als zuvor 100-110. Hinzu kam, dass wir jetzt viel öfter durch bewohnte Gebiete fuhren, in denen viel los war und entsprechende Vorsicht geboten war. Aller Vorsicht zum Trotz konnte ich dann leider nicht verhindern, dass mitten in einer Siedlung ein Hund (Marke "typischer halbgrosser beiger Strassenhund") direkt hinter einem am Strassenrand parkenden Auto genau in dem Moment auf die Strasse lief, als wir durchgefahren sind. Einen Gedanken lang wollte ich versuchen auszuweichen, unterliess es dann aber, das Risiko auf der Gegenfahrbahn im dichten Verkehr einen Unfall zu verursachen wäre zu gross gewesen und geschafft hätte ich es kaum. Heinz erwischte den Hund voll. Es rumpelte viel weniger als befürchtet, aber wir trauten uns weder gross zurückzuschauen noch anzuhalten (ich hätte dabei grösseren Ärger als nötig befürchtet).

Warme Betten in der Island Safari Lodge in Maun
Warme Betten in der Island Safari Lodge in Maun

Richtig überraschend war hingegen wenige Minuten später die Tatsache, dass es in der Dämmerung auf unsere Windschutzscheibe regnete...dabei war der Himmel doch völlig klar? Als durch den Scheibenwischer die vermeintlichen Tropfen nicht wirklich weggewischt wurden, sondern verschmierten, da realisierten wir erst: Es war kein Regen. Wir fuhren durch riesige Moskitoschwärme! Zum Glück hörte dies nach etwa 2-3 Minuten auf, denn die Sicht war bereits recht eingeschränkt und die Fahrt auf dieser Strasse bei einbrechender Dunkelheit schon anspruchsvoll genug. Sobald wir uns Maun näherten, machte sich der Freitagabend bemerkbar. Es herrschte ein buntes und wildes Treiben mit vielen Feuern und Musik entlang der Strasse. Dazu ein Verkehr, der zwischendurch stockend und schon fast Stau war (das ist in Maun generell oft der Fall) und wir waren froh, als wir um 19:30 dann endlich unsere Unterkunft, die Island Safari Lodge erreichten. Dort war der Trubel der Stadt nur noch auf der gegenüberliegenden Flussseite des Thamalakane River zu hören (an dem angeblichen "Maun-Miami-Beach", einem öffentlichen Flussufer-Abschnitt). Unsere Buchung für den nächsten Tag liess sich relativ problemlos vorziehen. Wir bekamen im Restaurant sogar noch ein leckeres Abendessen und freuten uns auf das definitiv warme und weiche Bett.

 

Weiter geht es dann im nächsten Artikel mit Maun & Moremi, vielen Dank fürs Mitlesen und bis demnächst!

 

Gruss,

Flo

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Kommentare: 3
  • #1

    Lynn (Mittwoch, 17 Oktober 2018 12:56)

    Was für großartige Fotos! Der Park steht auch ganz oben auf meiner Liste, nur wegen der Kälte müsste ich mir wirklich etwas überlegen... 2014 habe ich im namibischen Winter schon so gefroren.

    Viele liebe Grüße
    Lynn

  • #2

    Heike (Freitag, 19 Oktober 2018 07:37)

    Hallo Flo

    Hat wie immer viel Freude bereitet all die Erlebnisse und supertollen Fotos mit dir teilen zu können. Habe heute erst entdeckt, dass die meisten Fotos noch extra kommentiert sind und der Name der Tiere genannt wird. Besondere Anerkennung für die Bestimmung der Vögel !!
    Bis bald
    Liebe Grüße
    Heike

  • #3

    Flo (Mittwoch, 24 Oktober 2018 16:44)

    @Lynn: Danke danke! Ach, in dem Park ist das mit der Kälte nur begrenzt relevant solange man eine feste Hütte hat, meistens ist es eher die Hitze mit der man kämpft. Wir hatten im November vor zwei Jahren Temperaturen um die 46-48°C, man muss sich einfach ein wenig damit arrangieren. Ani mag den KTP auch nicht so, ich bin ein grosser Fan!
    Aber ich würde jedem empfehlen, sich mal einen Eindruck zu verschaffen.

    @Heike: Das freut mich, vielen Dank. Ja, wenn ich die Zeit habe, dann kommentiere ich in der Regel die Fotos auch noch, da war ich letztens ein wenig nachlässig. Wird beim neusten Artikel auch gleich noch nachgeholt.

    Gruess,
    Flo